2720 Kriegsabkommen.

Die Kontrahenten vereinbaren, Hauptquartiere und Sanitätskräfte zu schonen. Auf der Seite der Koalition sind große zivile Strukturen im Raum geschützt. Im Gegenzug verschont die Koalition neutrale Einheiten und Schaulustige unbeteiligter Gilden Kisors. Details der Formulierung lassen verschiedene Interpretation zu. Die Koalition läuft geradewegs in die aufgestellte Falle.

Stella Weizmann: "Unbekannte und Unbequeme Hintergründe zum Spacedome Aspekt des Kriegsabkommens von 2720" - private Publikation, SolNet (2741).

Das Abkommen:

Mit den Nebenvereinbarungen zum Kriegsabkommens von 2720 gelang dem kisorischen Oberkommando ein geschickter Schachzug. Eine der 13 primären Nebenvereinbarungen bestand darin, dass Koalitionsstreitkräfte neutrale Schlachtbeobachter und Schaulustige unbeteiligter Gilden von Kisor schonten während Kisor sich verpflichtete, den Spacedome im Solsystem nicht anzugreifen.

Die Verhandlungen des Kriegsabkommens waren am Punkt der Behandlung von neutralen Einheiten wochenlang festgefahren. Während die Neutralität unbeteiligter Gilden im Wesentlichen unstreitig war, wollte das kisorische Oberkommando nicht die Neutralität unbeteiligter irdischer Kolonien zulassen. Kisor bereitete sich Mitte 2718 langsam auf die Belagerung des Solsystems vor, während die Koalition noch versuchte ihre Territorien zu verteidigen. Vor diesem Hintergrund bargen die Forderungen beider Seiten Probleme. Kisors Forderung war vor allem nachrichtendienstlich bedenklich für die Koalition. Die Koalition befürchtete mit Recht, dass vorgeblich neutrale Einheiten im Solsystem Informationen sammeln und transportieren würden. Kisor dagegen wollte um jeden Preis den Nachschub der Koalition unterbinden. Die Situation wurde 2718 sehr schwierig für die Koalitionsstreitkräfte. Die Nachschublinien brachen zusammen, die Kommunikation zwischen den Fronteinheiten in den Kolonien und dem Solsystem war stark gestört. Frontkommandeure waren oft auf sich allein gestellt während sie versuchten ihren Kommandobereich zu halten. Die Aufrechterhaltung des Nachschubs war das Hauptziel des Oberkommandos. Es gab keine strategischen Initiativen der Koalition. Natürlich war dies im kisorischen Stab bekannt. Die Verhandlungsdelegation hatte deshalb den Auftrag Vereinbarungen mit positiven Auswirkungen auf die Versorgungssituation der Koalition zu verhindern.

Anfang 2720 überstürzten sich die Ereignisse und eine gewagte Taktik der Tika Gilde zeigte Wirkung. Tika hatte Ende 2719 mehrmals zivile Infrastruktur angegriffen und dabei schwere Verluste hingenommen. Anfang 2720 wurde ein Vorstoß auf den Spacedome abgefangen als Tika versuchte durch Saturierung mit Langstreckenraketen einen Angriff durchzubringen und dabei mehrere Träger und Begleitschiffe verlor. Die Verhandlungsdelegation der Koalition wurde kurz darauf umstrukturiert und neu instruiert. Tatsächlich erreichte Tika mit diesen gewagten und verlustreichen Aktionen, dass der Schutz ziviler Installationen für die neue Koalitionsdelegation Vorrang bekam. Gleichzeitig weichte Kisor seine Position bezüglich neutraler Einheiten der Menschen auf.

Anfang 2720 wurden viele Kolonien kampflos geräumt und Truppen zur bevorstehenden Verteidigung des Solsystems zurückgezogen. Damit verlor Kisors Ziel, den Nachschub der Koalition zu unterbrechen, die Priorität. Kisor stimmte dem Schutz neutraler Einheiten zu. Kisor gewährte außerdem den Schutz bestimmter ziviler Einrichtungen und bekam dafür besonderen Schutz nichtbeteiligter Gilden zugesagt.

Auf die Liste geschützter Einrichtungen im Solsystem kamen unter dem Einfluss der neuen Verhandlungsführung vor allem religiöse und andere spirituelle Symbole, darunter der Spacedome. Damit war Tikas Plan aufgegangen. Spätere Forschungen haben gezeigt, dass Tika mehrere langfristig angelegte Pläne verfolgte, die Moral der Koalition zu brechen. Von allen Plänen wurde ab Beginn 2720 nur die Spacedome-Thematik weiterverfolgt. Tika konzentrierte für die nächsten Jahre 80% seiner Ressourcen auf die Situation rund um den Spacedome.

Rückwirkend betrachtet gilt das Kriegsabkommen als taktische Niederlage der solaren Verhandlungsführung mit weitreichenden Konsequenzen in den folgenden Jahren. Vor allem die Aufklärungsmöglichkeiten Kisors kamen für die Koalitionstruppen teuer zu stehen. Mit dem Schutz des Spacedomes lief die Koalition in die von Tika gestellte Falle. Die Spacedome-Tragödie beeinflusste sicher die Moral der bedrängten Koalition und beschleunigte möglicherweise sogar die Aufgabe einiger Stationen, deren Bevölkerung Angst hatte, ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Gleichzeitig rief sie aber auch Widerstand hervor. Militärisch gilt der Spacedome-Plan als gewaltige Fehleinschätzung der psychologischen Kriegsführung Kisors, denn bei allem Leiden ist doch die militärische Bilanz rund um den Spacedome positiv für die Koalition. Durch Tikas Konzentration auf dieses Thema waren stets 6% der Kräfte Kisors gebunden. Aber der Plan ging letztlich nicht auf. Die Koalition konnte nicht zur Aufgabe bewegt werden. Sie wurde schließlich doch militärisch niedergerungen.

Die Nanokomplexe:

Nanokomplexe wecken unangenehme Erinnerungen bei den Menschen des Solsystems. Semiautonome Nanokomplexe waren die schlimmsten Gegner des irdischen Widerstands am Ende des Kisor Krieges. Nanokomplexe waren es auch, die in der Spacedome-Tragödie die Rolle der Bösen spielten. Nanokomplexe sind fürchterlich, brutal, erbarmungslos und unmenschlich grausam. So kennen und fürchten wir Nanokomplexe. Die Abneigung geht soweit, dass wir im Solsystem im öffentlichen Leben fast vollständig auf sie verzichten. Eltern drohen ihren unfolgsamen Kindern mit dem Nano. Dabei meinen sie immer die Spezialform des (semi-)autonomen Komplexes. Natürlich verwenden wir Nanotechnologie, z.B. in Nanocaves (die wir lieber "Caves" nennen) und in der Fertigung. Aber autonome Komplexe mit Gestalt-Intelligenz, vor allem auf Bewusstseinsniveau sind selten. Selbst im industriellen Sektor ist ihre Zahl deutlich niedriger, als in vergleichbaren Volkswirtschaften. Nanokomplexe werden nur dann eingesetzt, wenn sich deutliche Kostenvorteile ergeben oder wo sie unverzichtbar sind. Meistens werden sie dann als ferngesteuerte Einheiten betrieben. Aber normalerweise verwendet man lieber normale Robotunits.

Technisch gesehen sind Nanokomplexe nichts anderes als der Fog der Caves. Sie bestehen aus unzähligen funktionalen Elementen. Sie können sich wie Cavefog fast beliebig anordnen, verformen und verwandeln. Die gewaltige Zahl von übereinanderliegenden Schichten erlaubt trotz mikroskopischer Einzelbewegung sehr große Scherungsgeschwindigkeiten. Nanofog scheint dadurch zu fließen.

Der wesentliche Unterschied zu Cavefog besteht darin, dass die Steuerung nicht von außen geschieht. Nanokomplexe verwenden einen Teil ihrer internen Kommunikations- und Rechenleistung zur dynamischen Ausbildung eines Planungs- und Kontrollmoduls. Ist die KI der Kommandoebene mit Bewusstsein ausgestattet dann spricht man vom autonomen Komplex. In diesem Fall wird ein größerer Teil der Kapazität für die Steuerung benötigt. Bei autonomen Komplexen werden deutlich mehr Informationselemente eingefügt. Die Struktur des autonomen Komplexes ist deshalb schwächer als beispielsweise beim Cave-Fog. Ein autonomer Komplex ist mechanisch weniger belastbar als passiver Fog. Auch die Degradierung durch Störungen ist größer. Das gilt besonders im Kampfeinsatz, weshalb dort vor allem semiautonome Nanokomplexe verwendet werden.

In Spacedome wurden allerdings 800 vollautonome Nanokomplexe mit Bewusstseinsniveau installiert, da man von vornherein davon ausging, dass der Einsatz lange dauern würde und es im Verlauf wenig Eingriffsmöglichkeiten geben würde. Die Spacedome-Komplexe waren militärische Modelle mit besonderen Leistungsmerkmalen, die den Nachteil der erhöhten Datenverarbeitung zum Teil ausglichen. Detaillierte Informationen zu dieser Thematik sind auf Kisor immer noch unter Verschluss. Trotzdem gibt es aus verschiedenen Quellen einigermaßen verlässliche Angaben über die eingesetzten Modelle. Generell ist davon auszugehen, dass es sich bei fast allen 800 um bewusste Individuen handelte.

Etwa zwei Drittel waren Nend Plok Evac (von der Koalition Predator-77 oder KNP77 genannt). Die Predator-77 trugen die Hauptlast des Kampfes. Anstatt Waffenmodulen wurden sie mit zusätzlichen Reserveelementen gegen Degradierung und Strukturelementen für mechanische Belastung ausgestattet. Neben den Predator gab es die kleineren Kao Tran Lop (Hunter, KNH1), die vor allem als Aufklärer und als taktische Reserve fungierten. Es gab 4 Divisionen. Jede Division wurde von einem strategischen Kommandoknoten koordiniert. Der Kommandoknoten wurde geschützt von 12 Nend Leit Evac (KNP90, Predator-90) Komplexen mit rein defensiver Ausrichtung. KNP90 waren ausgelegt für eine hohe Leistung über eine kurze Zeit. Sie hatten nur 30 % der Laufzeit eines KNP77, aber die doppelte Leistungsabgabe und eine 20 % bessere mechanischer Struktur. Die Kommandoknoten beherbergten außer den Steuerungsfunktionen auch die Maintenance-Einrichtungen. Sie benötigten stationäre Energiequellen und waren deshalb nicht wirklich mobil.

Durch den vom Kriegsabkommen geforderten Verzicht auf Offensivwaffen konnte die Struktur der Kampfkomplexe verstärkt und vor allem die Ausdauer wesentlich vergrößert werden. Damit erreichten die KNP77 80% der mechanischen Schockfestigkeit von zivilem Fog. Ihre 5-fach geringere Degradierungsrate zeugt von der hohen (und teuren) Qualität des eingesetzten Materials.

Die geringe Degradierung relativiert sich aber unter Belastung. KNP77 im Kampfeinsatz benötigten regelmäßig neue Elemente. Im heftigen mechanischen Einsatz reichte die interne Reserve für 10 Minuten. KNP77 begannen nach etwa 10 Minuten "weich" zu werden, wenn Strukturelemente zu stark ausdünnten. Nach 15 Minuten im Kampfmodus setzte außerdem der Energiesparmodus ein und sie wurden sozusagen "müde". Dann waren KNP77 selbst für primitive Waffen keine unüberwindlichen Gegner mehr. Trotzdem war es natürlich nicht leicht, die Nanokomplexe so lange im Kampf zu binden.

Predator verfügten im Gegensatz zu Hunter-Modellen nur über wenige Reparaturelemente. Selbstreparatur war möglich, aber nur in langen Ruhephasen. Normalerweise wurden Predator an den Servicestationen ihres Kommandoknotens regeneriert. Dafür hatten diese Recycler-Minifabs. Während heißen Phasen beschränkte die Kapazität der Minifabs immer wieder die Einsatzfähigkeit. Offenbar wurde dieser Aspekt bei der Planung unterschätzt.

Insgesamt gesehen waren die Nanokomplexe starke, aber keinesfalls unüberwindliche Gegner. Nanokomplexe sind empfindliche Strukturen mit beschränkter Laufzeit zwischen längeren Maintenance-Phasen. Die Kunst des Kämpfens auf der Seite der Menschen bestand weniger darin, mit aller Gewalt auf den Gegner loszugehen, sondern mit geschickter Planung Situationen herbeizuführen in denen die Schwächen des Gegners hervortraten, z.B. durch Ermüdung bei Dauerbelastung.

Es gab auch systematische Fehler (Bugs) in verschiedenen Untergruppen. Die Menschen lernten im Lauf der Zeit diese zu Ihrem Vorteil zu nutzen und die auslösenden Situationen herbeizuführen. Besonders erwähnt sei hier der sog. "seltsame Pfad des müden Hunters in Überzahl". Ein riskantes taktisches Manöver führte nach Ausdauerbelastung eine Überzahlsituation herbei in der die meisten Hunter in einen für sie ungünstigen Wegfindungsalgorithmus verfielen. Aber wehe, wenn auch nur ein Hunter noch nicht im Sparmodus war oder nicht alle Hunter die Überzahlsituation korrekt erkannten.

Eine besondere Randbedingung des ganzen Konflikts war die strikte Bindung der Nanokomplexe an das Kriegsabkommen. Die Nanokomplexe durften den Spacedome nicht beschädigen und reparierten Beschädigungen sogar nach Kämpfen. Dies begünstigte unter anderem den Replikationsexploit durch den die Nanokomplexe sogar Pulser für die Menschen fertigten.

Die Waffen:

Nanokomplexe sind sehr anfällig gegen Hightech-Waffen. Sie können aber auch mit Lowtech bekämpft werden, z.B. durch Ultraschall im Resonanzbereich einzelner Elemente, durch Sandstrahlgebläse und sogar mit Wasser. Militärisch bestand das Hauptproblem darin, dass im Spacedome fast keine modernen Waffen vorhanden waren. Deshalb mussten Menschen mit primitiven Waffen gegen den Fog kämpfen. Mechanische Schockbelastungen und Durchtrennung der internen Kommunikationswege waren ebenfalls erfolgreiche Mittel. In der Praxis führte dies dazu, dass Menschen mit archaischen Waffen, wie Schwertern, Äxten und Schilden antraten, um die mechanische Struktur und die Informationsverarbeitung der Gegner zu stören.

Eine besondere emotionale Belastung für die Menschen kam dadurch zustande, dass die Nanokomplexe ebenfalls mit primitiven Mitteln, dafür aber umso erbarmungsloser kämpften. Die Nanokomplexe verwendeten keine Fernwaffen, sondern nur direkten Kontakt. Der hatte aber fast immer fatale Folgen für die Betroffenen. Menschen starben vor allem durch eindringende Aktoren. Je nachdem, wie die Aktoren konfiguriert waren, auch durch Verlust oder Deformation von Körperteilen. Für die Menschen war dies unnötige Brutalität, aus der Sicht der Nanokomplexe jedoch nur die Anwendung der verfügbaren Mittel zur Erreichung des Ziels. Die Nanokomplexe sind weder als Individuen, noch als Gruppe schuldig. Schuld an den unmenschlichen Ergebnissen sind vor allem die Planer der Tika Gilde, die die Situation herbeigeführt und die Grausamkeiten in Kauf genommen haben, manche sagen "programmiert" haben.

Man geht davon aus, dass das kisorische Oberkommando informiert war. Die Tika Gilde war während des Krieges für die psychologische Kriegsführung zuständig. Sie wandte 6% des verfügbaren Militärpotentials auf. Es war die primäre Operation von Tika. Das Oberkommando war deshalb sicher eingeweiht. Die damaligen Verwaltungsstrukturen der Kriegsorganisation wurden nach dem Ende der Besatzung aufgelöst und die Daten auf die Archive der Gilden verteilt. Einzelheiten sind auf Kisor weiterhin unter Verschluss. Weder Tika, noch die Inosch nehmen offiziell Stellung. Anfragen von kisorischen Bürgerrechtsgruppen werden ausweichend beantwortet. Der Spacedome-Vorfall widerspricht dem kisorischen Moralempfinden, dass nach menschlichen Maßstäben oft humanitärer ist, als die Menschenrechte der Erde. Je nach politischer Orientierung wird die Angelegenheit als "Auswuchs des Krieges" oder als "übertrieben" bezeichnet. Aber Erinnerungen daran werden auf Kisor heute lieber vermieden.

Der Angriff:

Das Solsystem war seit Anfang 2720 belagert. Dies begann mit der Unterbindung Handelsverkehrs. Ende 2720 nahm Kisor das Uranus-System ein. Kisor befestigte die Monde Miranda und Sycorax als Basen zur Belagerung des inneren Systems. Uranus bildete den Eckpunkt eines Tetraeders, der sich langsam um Sol drehte. Die anderen 3 Eckpunkte bestanden aus Forts und Truppenkonzentrationen, aber Uranus war die Hauptbasis. Einige freie Habitate im äußeren System liefen über. Kuiper-Belt Objekte konnte die Koalition nicht halten, aber die Kapitulation des Jupitersystems und der inneren Sphäre lagen noch Jahre entfernt. Der Spacedomes lag tief im System und geschützt durch die 35. Schutzflotte. Vorgeschobene kisorische Einheiten waren mehr als eine Lichtstunde entfernt, immerhin eine Milliarde Kilometer.

Am 3. Juli 2721 drangen kisorische Einheiten überraschend zum Spacedome vor. Das Oberkommando der Koalition ging davon aus, dass es sich um einen kurzfristigen Terrorangriff handelte und erwartete, dass sich der Gegner bald zurückziehen würde. Die Verschiebung der kisorischen Kräfte entblößte mehrere vorgeschobene Basen Kisors. Die Koalition konnte zwei Basen zerstören und einen Tetraeder-Eckpunkt einnehmen. Die Aktion galt als Befreiungsschlag. Die Koalition gruppierte die Streitkräfte wieder um, um den Abzug der feindlichen Kräfte aus dem Bereich des Spacedomes zu erzwingen. Doch die kisorischen Einheiten widerstanden dem einsetzenden Druck.

Sie hatten die Ruhephase genutzt, um Nachschub heranzubringen. Die Kisori tasteten den Spacedome nicht an, der ja durch das Abkommen geschützt war, befestigten aber mehrere momentan und zukünftig benachbarte Asteroiden. Der Spacedome selbst wurde durch zwei Raumforts gesichert. In den folgenden Jahren verteidigten die Kisori meistens erfolgreich den Keil, der vom Uranus bis in den Spacedome Sektor reichte. Die Koalition konnte mehrmals für kurze Zeit die Kontrolle an sich reißen, aber nie die Blockade des Spacedomes dauerhaft durchbrechen.

Die Installation:

Wie die Installation genau ablief ist nicht bekannt. Man kann davon ausgehen, dass Landung und Eindringen als Angriff gelten und damit eine Verletzung des Kriegsabkommens darstellen. Es ist aber unklar, ob sich die Installateure wirklich gewaltsam Zutritt zur Anlage verschafften. Es gibt Hinweise, dass Hilfe aus dem Spacedome Gewaltanwendung unnötig machte.

Der Umzug der Kongregation i. R. in den Spacedome war nicht ohne Widerspruch. Manche der ansässigen Glaubensgemeinschaften fürchteten ihren Sitz faktisch zu verlieren, wenn der Spacedome für das gesamte innere System wieder als Sitz der Kongregation gelten würde. Vor allem radikale Zerotheisten widersetzten sich gewaltsam. Der Spacedome barg das wichtigste Heiligtum der Glaubensgemeinschaft, die Stele von deren Spitze Werner von Nagora seine berühmte Andacht gehalten hatte. Die Stele wurde nach der Heiligsprechung auch von der Kongregation beansprucht. Es gab mehrere Anschläge auf Einrichtungen der Kongregation. Gegen führende Zerotheisten wurden ermittelt. Einige wurden der Station verwiesen.

Nach Aussagen von Überlebenden landeten Kisori zuerst im Shiva Bereich des Spacedomes. Dort lagen viele Wohnquartiere der Zerotheistischen Gemeinschaft. In mehreren Wohneinheiten wurden die Energieleitungen für Wohnbereiche ungewöhnlich stark beansprucht. Die Kosten wurden ganz legal über die Accounts der Bewohner abgerechnet. Später stellte sich heraus, dass die Personen direkt oder indirekt zu den Zerotheisten gehörten. Das Energieaufkommen kann durchaus für den Betrieb des ersten Kommandoknotens aufgewendet worden sein. Überwachungskameras in diesem Bereich waren nachweislich getäuscht worden. Trotz der Hinweise gibt es keinen Beweis für eine aktive Beteiligung der Zerotheisten. Im Shiva Bereich gab es keine Überlebenden.

Die Menschen:

Im Jahr 2415 wurde die Zentrale der vereinigten christlichen Glaubenskongregation im Raum in den Spacedome verlegt. Der Spacedome stand damals kurz vor der Fertigstellung. Er war schon aus großer Entfernung ein überwältigender Anblick, ein modernes Kunstwerk aus Ceramacrete, Fulleroidstahl und Formdiamant, gebaut und geformt aus einem 22 km großen Kohlenstoff-Aluminium-Eisen-Asteroiden. Neben grandiosen Hallen gab es Arbeitsplätze, Wohngebiete und technische Einrichtungen für eine permanente Bevölkerung von 100.000 Menschen und bis zu 1/2 Mio. Besucher. Life-Support war ausgelegt für annähernd 1 Mio. Menschen. Neben der Glaubenskongregation im Raum waren auch mehrere andere Großreligionen vertreten.

Bei der Eröffnung lebten schon 50.000 Menschen beim Spacedome. Die Bevölkerung wuchs im folgenden Jahrhundert bis auf 400.000 ständige Bewohner. Als sich auch immer mehr Industrie ansiedelte, zog sich die Zentrale der Glaubenskongregation nach fast 100 Jahren zurück. Religionen und Glaubensgemeinschaften blieben aber weiterhin stark vertreten. Nach den Belastungen der Kelrec-Krise wurde der Spacedome gründlich renoviert. Er erstrahlte danach im alten Glanz, wären da nicht die inzwischen zusätzlich gewachsenen Strukturen gewesen, die ihm etwas von der Großartigkeit nahmen. In der Folge nahm der Anteil der kleinen Glaubensgemeinschaften und spiritistischen Gemeinschaften zu. Die Gesamtbevölkerung nahm langsam ab. Der Spacedome blieb aber ein religiöses und spirituelles Zentrum des mittleren Solsystems.

Dann im Jahr 2721 wurde die Erzdiözese der inzwischen reformierten befreiten Kongregation von Titan wieder in den Spacedome verlegt und zwar in den sogenannten Polarisbogen. Damit übersiedelten 8.000 Gesandte der Kirchenverwaltung und 25.000 anderes Personal. Die Gesamtbevölkerung betrug danach ca. 230.000, davon 60.000 Besucher und Flüchtlinge, 30.000 technisches Personal und 25.000 Kinder. Zu dieser Zeit war das Solsystem belagert. Aber der Orbit des Spacedomes lag tief im System und war fest in der Hand der Koalition. Trotzdem konnten kisorische Kräfte den Sektor erobern, dauerhaft sperren und die Nanokomplexe installieren. 150.000 Zivilisten sahen sich 800 aggressiven Nanokomplexen gegenüber. Die Menschen setzen sich aus sehr vielen Gruppen zusammen. Viele waren Kirchenvertreter der großen und kleinen Religionen. Es gab fast keine Personen mit militärischem Hintergrund. Bevor die Menschen lernten, sich einigermaßen gegen die Nanokomplexe zu behaupten, mussten sehr viele unschuldige Menschen sterben.

Die ersten Konfrontationen waren fatal. Die Menschen versuchten dem Gegner auszuweichen, da es keine Waffen gab mit denen man sich richtig hätte wehren können. Kurz nachdem die erste Meldung von der Installation kam, konnten einige Techniker einer ansässigen Wartungsfirma mit den Mitteln ihrer Werkstatt zwei Nanokomplexe ausschalten. Sie brachten mehrere Minifabs in Sicherheit, bevor der Gegner die Technikzone im Polarisbogen einnahm. Die Minifabs konnten später mit eingeschmuggelter Software verschiedene Nanophagen fertigen. Der erste richtige Widerstand wurde von den Mitarbeitern einer Sicherheitsfirma organisiert, die sich zufällig als Besucher im Spacedome aufgehalten hatten. Die Gruppe rekrutierte und trainierte schnell 50 Männer und Frauen. Nach einem Monat konnten sie einen Nano zur Strecke bringen. Der frühe Widerstand war aber nur vereinzelt und nicht effektiv, weder bei der aktiven Bekämpfung, noch beim Schutz von Zivilisten. Innerhalb eines Monats verloren 30.000 Menschen ihr Leben.

Im Laufe der Zeit lernten die Menschen effektiver gegen die Nanokomplexe vorzugehen. Durch Fallen und Sperranlagen konnten Zivilisten und vor allem Kinder besser geschützt werden. Gleichzeitig beteiligten sich immer mehr Menschen, die vorher ein friedliches Leben geführt hatten an den Kämpfen. Die Menschen lernten zu kämpfen, jeder auf seine Art. Manche mit improvisierten Hightech-Mitteln, andere mit Lowtech, manche sogar mit vorindustriellen Hieb- und Stichwaffen. Manche nutzten ihre Computerfähigkeiten, um die Kommandostrukturen des Gegners zu stören. Einige kämpften lieber einzeln mit Guerillataktiken, andere in großen Verbänden. Im Lauf der Zeit gelang es immer wieder Freiwilligen und Spezialeinheiten zum Spacedome vorzudringen, um die Bewohner zu unterstützen. Einige kamen als Kampftruppen, andere brachten Ausrüstung oder Software für die Minifabs.

Ein großer Glücksfall war die Ankunft von 3 Überlebenden einer gepanzerten Infanterieeinheit. Die 3 erreichten den Spacedome, nachdem ihre Kompanie bei einem Landungsversuch auf einem der befestigten Asteroiden gescheitert war. Sie kamen mit intakten Gefechtsanzügen gerade rechtzeitig, um das Kinderlager im blauen Sektor zu retten.

Illegale Bewohner spielten eine verhältnismäßig große Rolle im Widerstand. Einige hatten schon seit langer Zeit ein Leben am Rande der Gesellschaft geführt, manche sogar mit einigem Erfolg. Sie waren es gewohnt, sich mit mehr oder weniger legalen Mitteln gegen einen übermächtigen Gegner durchzusetzen. Sie tauschten die Kontrollorgane der Station gegen den neuen Gegner. Der überwiegende Teil dieser Gruppe trat aus dem Schatten heraus und engagierte sich im Abwehrkampf. Ab und zu trafen Spezialeinheiten ein, die mit Geschick oder Glück den Spacedome trotz Blockade erreichen konnten. Aber den größten Teil des Kampfes leisteten die ehemals friedlichen Bewohner.

Das Monitorsystem:

Während der gesamten Zeit bleibt das stationseigene Überwachungssystem in Betrieb. Es war genauso wie die Struktur geschützt durch das Kriegsabkommen. Schäden, die bei Kämpfen entstanden, reparierten die Nanokomplexe so gut wie möglich. Teilweise wurden optische und akustische Sensoren durch kisorische Minifab-Varianten ersetzt. Die Aufnahmesysteme waren verbunden mit lokalen Hubs, die wiederum über den Stationsbackbone an Lasertransmitter sendeten. Die Lasertransmitter übermitteln ihre Daten ständig an 3 Empfänger im inneren System. Die Laser werden automatisch nachgeführt. Bis zu 3.000 audiovisuelle Kanäle wurden ständig gesendet, 500 davon in 3D-Qualität durch Aggregation mehrerer Videosensoren und Laserscanner. Die ursprünglichen Empfänger waren der SecuriTrust Knoten Ceres, Insystem Datahaven Mars via Deimos und eine Servicestation in der näheren Umgebung. 2723 übernahm der SAD den Mars-Empfänger mit der Begründung, dass die Aufnahmen sicherheitsrelevant seien. Große Teile davon wurden bei der Eroberung des Mars durch Kisor zerstört, da keine verteilten Backups bestanden. SecuriTrust erstritt vor Gericht das Recht weiter empfangen zu dürfen und archivierte auf eigene Kosten, trotz Kündigung des Monitoringvertrags durch die Betreibergesellschaft des Spacedomes. Die Transmissionen ließen sich nicht von außen unterbinden. Sie liefen mit den voreingestellten Empfängern weiter.

Insgesamt gab es ca. 80.000 Videosensoren, davon 30.000 in 3D. Die gesendeten waren eine dynamische Auswahl aller aktiven Sensoren. Die KI der Hubs ermittelte Schnittsequenzen, um komplette Aktionen über Sensoren hinweg zu verfolgen und schaltete die entsprechenden Kanäle auf die Lasertransmission. Die solare Bevölkerung erlebte so das Geschehen quasi live. Automatische Kameras dokumentierten Gefechte, Niederlagen, Siege und Heldentaten. Die lange, schwere Tragödie ist später Quelle für unzählige Medieninhalte, Dramen, Filme, Simulationen und Schriften. Als Quellenmaterial wird vor allem das Archiv von SecuriTrust herangezogen. 2764 wurde das Archiv in das Kulturerbe der Koalition aufgenommen.

Der Kampf:

Die lange, schwere Tragödie ist später Quelle für unzählige Medieninhalte, Dramen, Filme, Simulationen und Schriften. Sie wird zu einem der wichtigsten Ereignisse der frühen interstellaren Geschichte der Menschheit. Der Krieg selbst bleibt weniger im kollektiven Gedächtnis der solaren Menschheit, als die Spacedome-Tragödie.

Viele Einzelgeschehnisse bleiben unvergessen wie:

- der abenteuerliche Abtransport der Minifabs aus der Technikzone im Polarisbogen,

- der frühe Gegenangriff der Touristen von Phobos Object Protection Inc. mit ihrer zusammengewürfelten Freiwilligentruppe,

- der große 3-Sektor Sieg,

- der lange hin- und herwogende Kampf um die Pol-Werkstatt,

- der geniale Replikationsexploit von SuTse durch den die Nanokomplexe sogar Pulser für die Menschen fertigten,

- der tragische Konflikt in der Führung der Orion Gruppe,

- das Solstadt-Massaker,

- die Herstellung einer bidirektionalen Kommunikationsverbindung über manipulierte Cams als Sender und improvisierte Solarzellen als Empfänger über die Designs von Nano-Phagen für die Minifabs heruntergeladen wurden,

- die erfolgreiche Neutralisierung des 3. strategischen Kommandoknotens bei der erstmals der "seltsame Pfad des müden Hunters in Überzahl" erfolgreich angewendet wurde,

- die Selbstaufopferung Asram Güdans zur Rettung des Kinderlagers im blauen Sektor,

- der EVA-Treck der 30.000 um die halbe Station,

- die spektakuläre Evakuierung von 12.000 Bewohnern durch die Rama Gilde,

- der epische Zweikampf zwischen Condolezza Madrigal und dem Wächter der südlichen Vorhalle,

- der Überläufer G765998TN ("Gee") und sein unendlich wichtiger Beistand.

Die Rettung:

Ende 2727 gab Kisor die Blockade des Spacedomes auf. Wenige Monate zuvor war die Schlacht um die Erde für die Koalition verloren gegangen. Kisor hatte die Raumhoheit errungen und bereitete sich darauf vor, große Truppenkontingente zu landen. Durch die Verlagerung des Schwerpunktes zur Erde gewannen einige Asteroidenbasen ihre Handlungsfreiheit wieder. Einige, vor allem Survivalistenfraktionen, hatten sich jahrelang bedeckt gehalten und waren nicht entwaffnet worden. Die Bewohner von Ceres-Südpol überwältigen die kisorische Garnison mithilfe externer Survivalisten. Sie konnten daraufhin ganz Ceres befreien und gründeten die Solaren Befreiungsfront (SLF). Während Kisor Truppen in Europa landete, gelang es der Solaren Befreiungsfront weitere kleine Stationen im Asteroidengürtel zu übernehmen. Die meisten dieser Erfolge waren ohne strategische Bedeutung. Sie dienten nur der Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit, denn es handelte sich vor allem um Tankstationen, Rohstoffquellen für Minifabs und Nahrungsmittelproduzenten.

Eine der spektakulärsten Aktionen der Solaren Befreiungsfront war Mitte 2727 die Rettung der Überlebenden des Spacedomes. Zu diesem Zeitpunkt gab es weniger als 31.000 Überlebende und noch etwa 100 Nanokomplexe an 2 Kommandoknoten. Die kleine Rettungsflotte der SLF kämpfte sich durch die kisorischen Wachschiffe. Die verbliebene Wache bestand aus nur 4 Fregatten von denen 2 seit dem Kampf um die Erde beschädigt waren. Die SLF verlor einen leichten Zerstörer und der schwere Kreuzer, das Rückgrat der Flottille, nahm schweren Schaden. Der Kampf fand sehr nahe beim Spacedome statt, da die Kisori die Struktur als Ortungsdeckung nutzten. Unglücklicherweise detonierten die Sprengköpfe von Anti-Schiff Röntgenlasern der SLF in 5 km Entfernung vom Polarisbogen des Spacedomes. Der Polarisbogen wurde komplett zerstört und angrenzende Sektoren stark beschädigt. Im Spicaabschnitt verloren dabei 7145 Menschen ihr Leben. Die SLF landete mit schweren Bodentruppen und hielt die Nanokomplexe so lange in Schach, bis die Überlebenden in Sicherheit waren. 23.647 Menschen konnten schließlich gerettet werden.

Nach dem Krieg wurde der neue Dom um die Reste der alten Struktur herum gebaut. An vielen Stellen des Abwehrkampfes wurden Denkmäler errichtet. Die zentrale Gedenkstätte befindet sich in der neuen südlichen Vorhalle zur Blackstar-Hall.

Die Domgeister:

Obwohl dies alles nun schon lange her ist, gibt es immer wieder Gerüchte, dass einzelne Nanokomplexe überlebt haben. Fast vollständig deaktiviert könnten sie in Verstecken nach dem Krieg Säuberung und Umbau überdauert haben. Immerhin sind die autonomen Nanokomplexe intelligente Individuen mit Bewusstsein. Falls es noch welche gibt, dann verhalten sie sich sicher so vorsichtig, wie möglich. Sie wissen, dass jeder Zwischenfall gut ausgerüstete Polizeikräfte auf den Plan rufen würde. Tatsächlich gibt es im Spacedome unverhältnismäßig viele spontane Störungen im Energiesystem, meistens jedoch in Industriebereichen wo Verbrauchsspitzen und aktive Energiesicherungen alltäglich sind. In all den Jahren seit der abschließenden Säuberung wurde kein Nanokomplex mehr entdeckt. Aber man erzählt sich von Schatten und Bewegungen die aus Augenwinkeln wahrgenommen werden; von Gegenständen, die verschwinden; und wenn es in der Dunkelphase seltsame Geräusche gibt, dann fürchten sich viele Menschen davor, dass hinter der Wand ein Nano entlangschleicht. Mit anderen Worten: Es spukt im Spacedome.

#Schwert #Schild #Lowtech #Nano #Naniten #autonom #Krieg #Abkommen #Falle #Religion

http://jmp1.de/h2720

Chanakya-Verschwörung

Diese 3 Ereignisse haben einen gemeinsamen Grund: eine gewagte Mission, eine Beinahekatastrophe, ein riesiger Betrug
Alle 3 Teil einer Verschwörung, die fast den Untergang des Solsystems zur Folge hatte
2630 Aufdeckung der Chanakya-Verschwörung. Venus Habitate wollen die Macht an sich reißen. Ein geheimer Plan weist Aliens den Weg in unser Sonnensystem und führt fast zur Vernichtung der Menschheit...

Nach einer Sperrfrist von 100 Jahren wird ein Infoblock der Magadha-Sangha Föderation/Venus freigegeben, der Hinweise auf den sogenannten Chanakya-Plan enthält. Der Infoblock ist nur einer von vielen, die regelmäßig nach Ablauf ihrer Geheimhaltungsfristen publiziert werden. Investigative Nachforschungen bringen einen weitreichenden Plan zutage, den Magadha-Sangha, ein Zusammenschluss reicher Venus Habitate in der ersten Hälfte des 26. Jahrhunderts verfolgte. Der Plan zielte darauf ab, die fragmentierte interplanetare Zivilisation des Solsystems unter einem gemeinsamen politischen Dach zu vereinen.

Magadha-Sangha und viele andere Fraktionen im inneren System betrachteten damals die Venus, den Schwesterplaneten der Erde, als neues Zentrum des Solsystems. Die Venus sollte die Nachfolge der Erde antreten, die sich vom Rest des Systems isoliert hatte. Zwar waren bis dahin alle Terraforming Aktivitäten gescheitert, aber es gab unzählige schwebende Habitate in der oberen Atmosphäre der Venus. Die Venus-Habitate bieten in 50 km Höhe die erdähnlichsten Lebensbedingungen im gesamten System, einschließlich einer irdischen Gravitation und freien Bereichen unter einem blauen Himmel. Auf der Venus gibt es die besten Lebensbedingungen für Menschen ohne genetische Anpassungen an niedrige Schwerkraft. Die Venus war ein Paradies für Erd-Nostalgiker und gleichzeitig sehr wohlhabend.

Die Magadha-Sangha Föderation versuchte mit dem Chanakya-Plan andere Siedlungen, Habitate und Raumstationen im ganzen System wirtschaftlich und politisch abhängig zu machen mit dem Ziel, dass diese dann der Venus-Föderation beitreten. Magadha-Sangha sollte der Nukleus der Venus-Föderation werden aus der dann die solare Föderation hervorgehen sollte.

Die unnachgiebige Haltung der venusischen Kreativ-Kartelle in der Galileo-Krise 2515 war wohl im Einklang mit dem Chanakya-Plan. Selbst in der größten Not beharrten sie auf der Einhaltung des DRM. Letztlich gab dies der Mengchu-Bewegung auftrieb und beschädigte eher die IP-Interessen der Kreativ-Kartelle. Die Galileo-Krise war wohl der erste große Fehlschlag des Chanakya-Plans, aber nicht der Einzige.

Der Chanakya-Plan fiel schließlich in sich zusammen, als die Isolation der Erde endete. Mit der Öffnung der Erde nach dem Ende das Systemkriegs 2570 änderten sich schlagartig die Rahmenbedingungen. Die Entwicklung im Solsystem wurde dann wieder von den vielen Milliarden Menschen und dem wirtschaftlichen Potential der Erde bestimmt. Die interplanetare Zivilisation verlor an Bedeutung. Sie blieb technologisch, wirtschaftlich und kulturell wichtig, war aber nicht mehr dominant. Die Erde wurde schnell wieder zum Zentrum des Sonnensystems. Aber bis dahin entfaltete Magadha-Sangha im Rahmen des Chanakya-Plans einige Aktivitäten.

Die Veröffentlichung des Plans ist unangenehm für die damals Beteiligten. Manche sind auch 100 Jahre später noch politisch aktiv. Eigentlich ist die Tatsache, dass Magadha-Sangha einen langfristigen Plan hatte, wenig überraschend. Viele Fraktionen und Mächte haben Pläne und manche versuchen diese auch rücksichtslos durchzusetzen. Viel skandalöser als die Existenz des Plans sind einige Einzelaktionen und deren dramatische Folgen.

Besonders bemerkenswert ist die geheime Expedition in das Artu-System ab 2518. Die Mission sollte überlegene außerirdische Technologie beschaffen. Dafür flogen einige der frühen Interstellarschiffe nach Artu. Die Expedition war erfolgreich und konnte tatsächlich Kontakt zur Artu-Zivilisation herstellen. Die Artu-Zivilisation ist sehr vielfältig und fragmentiert. Es gibt keine einheitliche Regierung sondern unzählige souveräne Clans. Die Expedition konnte mit einigen Clans handeln und sie erreichte das Missionsziel. Sie brachte Technologie von Artu zurück.

Der Rückflug fand nicht, wie ursprünglich geplant, mit den eigenen Schiffen statt (was 11 Jahre gedauert hätte), sondern mit einem Schiff des q3-Clans von Artu in nur sechs Tagen.

Der erste Besuch eines extrasolaren Schiffes war also nicht die Ankunft des Marui-Händlers 2544 auf Ibadan, sondern schon 13 Jahre früher im Jahr 2531, die Rückkehr der Artu-Expedition an Bord eines Clan-Schiffes. Der Besuch von Artu wurde vor der Öffentlichkeit verborgen. Das würde man als Täuschung und Skandal bezeichnen, wird aber von den weiteren Entwicklungen in den Schatten gestellt. Ab 2531 gab es regelmäßig geheimen Kontakt zwischen Magadha-Sangha und q3. Personal von Magadha-Sangha reiste nach Artu und q3-Sophonten waren in getarnten Schiffen im Solsystem unterwegs.

Wir wissen nicht warum q3 sich im Solsystem so engagierte und eine geheime Partnerschaft mit Magadha-Sangha einging. Aber sicher bietet eine neue Zivilisation im Aufbruch, wie die Menschheit, großes Potential für einen kleinen, aber technologisch weitentwickelten Partner. Die Motive von Magadha-Sangha sind offensichtlich. Magadha-Sangha erhielt exklusiven Zugriff auf überlegene Technologien. Sicher ist, dass q3 Infiltrationswerkzeuge lieferte, die alle solaren Informationsbarrieren überwinden konnten. Welche Maßnahmen im Einzelnen damit durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Mehrere bisher unerklärliche Ereignisse in den Jahren 2532 bis 2542 könnten darauf zurückzuführen sein, dass Magadha-Sangha weitreichenden Zugriff auf die Informationsinfrastruktur des ganzen Systems hatte.

Einige Dokumente verraten auch, dass Magadha-Sangha mit der Kooperation unzufrieden war. q3 lieferte vor allem technische Geräte, aber wenig Know-how. Ursprünglich war Magadha-Sangha an Software und Know-how interessiert. Baupläne, mit denen man selbst überlegene Technik herstellen kann, sind natürlich wertvoller, als Geräte ohne begleitendes Know-how. Leider begrenzte q3 den Zugang zu Software, Plänen und Informationen. Magadha-Sangha begann deshalb eigene Forschungen auf Basis der spärlichen Informationen von q3 und ohne q3 zu informieren.

Das führte einige Jahre später zum Mukhagni-Zwischenfall in einer der geheimen Forschungsanlagen. Dokumente, die über den Forschungsgegenstand Auskunft geben könnten, sind weiterhin geheim. Es gibt Hinweise, dass es sich um biologische Forschung mit Viren handelte. In Verbindung mit den öffentlich sichtbaren Ereignissen rund um Mukhagni im Jahr 2540 erscheint die Kessler-Viroidae Theorie glaubhaft.

Mitarbeiter von Magadha-Sangha könnten von ihren Artu-Partnern von den anorganischen Viren und ihrem Potential als Nano-Assembler/Disassembler gehört haben. Replikatoren, also Nano-Assembler, gehörten zur Liste gewünschter Technologien der ursprünglichen Artu-Expedition. Zudem waren Kessler-Viroidae seit 2478 bekannt. Die anorganischen Viren sind normalerweise nur schwach aktiv und harmlos. Heute wissen wir, dass sie Gene für aggressive Disassembler enthalten. Kessler-Viroidae sind in sehr geringen Mengen im interplanetaren Staub fast omnipräsent. So wurden sie auch entdeckt. Die Beschaffung des Basismaterials wäre für Magadha-Sangha also möglich gewesen, ohne Wissen von q3. Vielleicht hoffte Magadha-Sangha, durch Manipulation der Viren, Disassembler oder sogar spezialisierte Assembler herstellen zu können. Jedenfalls ging das gründlich schief und die Forschungsstation musste auf spektakuläre Weise – systemweit für alle sichtbar – zerstört werden.

Nach Mukhagni brach der Kontakt zu q3 ab. Die Artu-Sophonten scheinen das Solsystem fluchtartig verlassen zu haben. Anscheinend waren die Verantwortlichen bei q3 so von den Ereignissen schockiert, dass sie die Zusammenarbeit mit Magadha-Sangha sofort und vollständig beendeten. Das ist nach heutigem Wissen verständlich, denn es gilt als erwiesen, dass eine aggressive Variante dieser Viren vor ca. 30.000 Jahren den sogenannten Brand ausgelöst und dabei mehrere interplanetare Zivilisationen ausgelöscht hatte.

Mit welcher Technologie auch immer auf Mukhagni gearbeitet wurde. Dieser Teil des Chanakya-Plans brachte die Menschheit an den Rand der Vernichtung.

Danach wird es ruhig um den Chanakya-Plan. Aber einige Jahre später hat die erste Artu-Expedition dann noch andere gravierende Auswirkungen.

Im Jahr 2574 erscheinen Schiffe von Artu im Solsystem und fordern Tribut. Es sind Vertreter eines anderen Artu-Clans. Sie hatten von der Menschheit erfahren und offensichtlich beschlossen, ihre technische Überlegenheit auszunutzen, um die Menschheit zu erpressen. Ein Schicksal, das viele Völker ereilt.

Bisher ging man davon aus, dass das Wissen über das Solsystem durch den Marui-Besuch 2544 nach Artu gelangte. Aber im Lichte der Chanakya-Veröffentlichungen ist ein anderer Weg wahrscheinlicher. Der Artu-Clan, dessen Schiffe im Solsystem erscheinen, hatte in der Folge der Magadha-Sangha Expedition von der Menschheit erfahren und so auch die interstellare Position des Solsystems erhalten.

Man weiß nicht, ob dieser Clan schon bei der ersten Expedition mit Magadha-Sangha Personal zu tun hatte oder ob er erst später, durch q3, von der neuen Zivilisation im Solsystem erfuhr. Jedenfalls kommen sie mit ihren überlegenen Schiffen zu uns. Sie behaupten Abgesandte eines Imperiums zu sein, der Artu-Domäne, und etablieren ein Tributsystem bei dem die Menschheit 1/32 ihrer Wirtschaftsleistung abliefern muss. Zuerst für 41 Jahre an die sogenannte Artu-Domäne und dann 15 Jahre an den Artu Polizei-Clan p53, der die Menschheit von der Artu-Domäne befreit.

Obwohl sich 1/32 der Wirtschaftsleistung nicht viel anhört, summiert sich der Tribut auf zwei Jahres-Bruttosozialprodukte des Solystems. Das entspricht dem 20-fachen Wert der gesamten Gold- und Platinvorräte der Menschheit.

Während der Herrschaft der Artu-Domäne kommt es außerdem immer wieder zu Anschlägen auf die Tributinfrastruktur. Die Artu-Domäne geht gewaltsam dagegen vor und zerstört mehrere Habitate. Insgesamt verlieren 750.000 Habitat-Bewohner ihr Leben, davon 300.000 final. Auf der Erde brechen durch die Ankunft der Artu-Domäne Konflikte zwischen Expansionisten und Isolationisten wieder auf. Es kommt in der Folge zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit 230.000 Opfern, davon 150.000 final.

Magadha-Sangha ist nicht nur verantwortlich für die Beinahe-Vernichtung der gesamten Menschheit beim Mukhagni-Zwischenfall, sondern auch für einen gigantischen wirtschaftlichen Schaden und 220.000 permanente Opfer.

Die Magadha-Sangha erleidet einen signifikanten Reputationsverlust. Die Verantwortlichen des Chanakya-Plans, die noch politisch aktiv sind, müssen zurücktreten. Einige werden angeklagt. Aber die meisten Taten sind verjährt. Die Verjährungsfristen für die letzten Tributjahre sind dagegen noch nicht abgelaufen. Nach erfolgreichen Schadenersatzklagen gegen Magadha-Sangha müssen viele der beteiligten Venus Habitate Konkurs anmelden. Manche werden als abhängige Einheit übernommen. Andere müssen geräumt werden. Die Bewohner verlieren ihre Heimat und das leere Habitat wird verkauft.

Im Zusammenhang mit der Chanakya-Verschwörung werden die frühen interstellaren Kontakte neu untersucht. Unter dem gewachsenen Einfluss der Erde kommt dabei eine konservative Interpretation des Expansionismus zum Tragen. Die interstellare Position des Solsystems gilt als besonders schützenswert. In vielen Jurisdiktionen ist sie ein Staatsgeheimnis. Kelonikoa Pono hatte etwa um 2530 auf Dilan die Positionsdaten des Solsystems an einen Marui-Händler weitergegeben. Das war durch die interplanetare Koalition sanktioniert. Pono handelte als Bevollmächtigte der Koalition. Aber die neue Koalition, nach der Aufnahme der irdischen Staaten, bewertet das nun anders. Auch die neue Koalition ist expansionistisch geprägt. Schließlich haben die expansionistischen Staaten den Systemkrieg gewonnen und dominieren in Kalkutta und Vegas/Luna. Aber die Herausgabe der Position des Solsystems wird inzwischen als Verrat angesehen. Entsprechend ändert sich die Wahrnehmung Ponos in der öffentlichen Meinung. Aus der Visionärin, die in der Dilan-Krise ihr Leben gab, um die Menschheit zu den Sternen zu führen, wird die abtrünnige Verräterin an der Menschheit.

Geheimpläne und ihre fatalen Folgen

Oft hängen Ereignisse zusammen. Auch wenn sie über viele Jahre verteilt sind. Für alles gibt es einen Grund.

Drei Dinge, die scheinbar unabhängig sind. Aber sie haben einen gemeinsamen Grund. Den erfahren die Menschen erst 100 Jahre später.

#Machtpolitik #Aliens #Nanotechnologie #Verschwörung #Beinahekatastrophe

Drei Ereignisse:
  1. Eine gewagte Mission ins Unbekannte mit dem Ziel, sich einen Machtvorteil zu verschaffen: 2518 Geheime interstellare Mission
  2. Eine mysteriöse Beinahekatastrophe mit der ein eigentlich geheimes Projekt systemweit bekannt wird: 2540 Mukhagni-Zwischenfall
  3. Ein riesiger Betrug durch Aliens unter dem das ganze Sonnensystem leidet: 2574 Artu-Domäne, der größte Betrug aller Zeiten
Eine Verschwörung.

Morgen kommt die Auflösung.

2843 Schatzsuche zwischen den Sternen

Während der Koloss von Ifri sich auflöst, entsteht eine riesige Fragmentwolke. Viele Schatzsucher durchstöbern das Gewirr von umherfliegenden Bauteilen nach wertvollen Objekten und Rohstoffen. In der Wolke warten unermessliche Reichtümer. Es gibt verborgende Schätze, exotische Artefakte, Scouting, Hacking, Gerüchte, Entdeckungen und Verschwörungen.

Aber die Bergungsoperationen sind mit großen Risiken verbunden. Gefragt sind harte ehrliche Arbeit, besondere Fähigkeiten, Vorsicht und Kampfbereitschaft. Reichtum und Tod liegen nahe beieinander. Der Tod kommt schnell und oft. Er ist aber nur temporär bis zum Backup, wenn es eines gibt.

Das Raumschiff war ursprünglich 200 km lang. Es ist viel größer als die mobilen Einheiten der bekannten Völker und es ist voll mit Ausrüstung. Manche der lokalen Völker haben ähnlich große Strukturen im Raum. Aber das sind vor allem Habitate oder Terminals und keine massiven Objekte.

Das Millionen Jahre alte Riesenraumschiff zerlegt sich nun selbst. Es entsteht eine Wolke aus vielen Milliarden Fragmenten. Milliarden Fragmente zu bergen und zu analysieren dauert lange. Das ist Arbeit für Jahrzehnte. Zumal alle Fragmente durcheinanderwirbeln und die Bergung gefährlich machen. Trotzdem lohnt es sich, die Risiken einzugehen.

Die Wolke aus Fragmenten ist sowohl Rohstofflager, als auch Quelle für exotische Geräte einer uralten Zivilisation. Manche Einzelteile sind sehr wertvoll als Rohstoff. Manche funktionieren noch. Man versteht nicht von allen Teilen die Funktionsweise, aber manche können erstaunliche Dinge. Es gibt exotische Waffen, ultraeffiziente Reaktoren, Nano-Werkzeuge, kompakte KI, sogar Autofabs, die Artefakte herstellen. Das meiste von dem was man findet, kann man nicht einfach in einer eigenen Fab reproduzieren. Die Artefakte entstammen einem höheren Techlevel als dem interstellaren Standard der lokalen Völker. Man bekommt sie nur in der Fragmentwolke und nur mit Glück, wenn man den richtigen Container findet, wenn bei der Bergung nicht das Leben verliert und wenn man sich die Fracht hinterher nicht aus Versehen abjagen lässt.

An der Bergung beteiligen sich große Organisationen, wie Staaten und Konzerne, aber auch unabhängige Prospektoren auf eigene Rechnung. Es gibt oft Konflikte um einzigartige Objekte. Die Bergungsorganisationen beobachten sich gegenseitig. Sie versuchen anderen bei interessanten Objekten zuvorzukommen oder sie sich hinterher abzujagen. Man muss immer auf der Hut sein und sich und die Ladung schützen.

Es gibt sogar Piraten, die nicht selber bergen, sondern nur die Ladung von anderen an sich nehmen. Einige Prospektoren markieren Objekte oder zeichnen ihren Kurs auf, um sie später wieder zu finden. Manchmal werden diese Pläne und Codes aber auch gestohlen und an den Meistbietenden verkauft, gelegentlich auch von den eigenen Mitarbeitern. Informationsbeschaffung, Subversion, Spionageabwehr und Verteidigung sind sehr wichtig.

Schon auf dem Standard-Techlevel haben viele Geräte eine KI. So auch die Artefakte der Fragmentwolke. Allerdings ist deren KI oft hochentwickelt und schwer zu beherrschen. Man braucht dafür exzellente Hacking-Fähigkeiten. KI kann auch gefährlich sein. Einige Artefakt-KIs haben schon das Schiff der Prospektoren übernommen.

Manche Fragmente oder Container werden von wehrhaften Mechanismen geschützt. Das können Fallen sein, oder infektiöse KI oder Kampfdrohnen oder Nanokomplexe oder vielleicht sogar ein Wesen, dass durch den Demontageprozess aus seiner Millionen Jahre langen Stasis geweckt wurde.

Es gibt Gerüchte, dass einige der legendären Baumeister des Kolosses im Raumschiff oder in der Fragmentwolke aktiv sind. Wahrscheinlich sind die Baumeister selbst nur Opfer der Demontage und versuchen sich zu retten. Sollte man tatsächlich einem von ihnen begegnen und ihn aus einer Notsituation retten, dann könnte man viel von ihm lernen. Aber das sind vermutlich nur Gerüchte.

Neben der Fragmentwolke gibt es auch noch die abgestoßene Hülle, das Schiffsskelett und den kugelförmigen Kernbereich. Die Hüllenfragmente bestehen aus einem besonderen widerstandsfähigen Material, das viele gerne beim Raumschiffbau benutzen würden. Es ist schwer zu verarbeiten. Aber einige Werften zahlen hohe Preise für das Hüllenmaterial. Es gibt Organisationen, die verhindern wollen, dass ihre Gegner oder Zivilisten in den Besitz des Materials kommen.

Die Fragmentwolke besteht aus drei Teilen: der innere Bereich, die Hauptwolke und der Halo. Die Hauptwolke ist etwa kugelförmig mit einem Durchmesser von ca. 2000 km. Sie enthält die Hauptmasse der Fragmente. Dort dominieren Aggregate und Teile von Aggregaten, die zerlegt wurden. Container mit Artefakten sind selten. Aber es gibt sie. Die Hauptwolke liefert vor allem Rohstoffe. Aber auch in der Hauptwolke sind viele interessante Objekte. Man muss sie unter den Milliarden Einzelteilen nur finden.

Der innere Bereich der Wolke reicht bis in eine Entfernung von 100 km vom Schiffskörper. Dort ist die Konzentration von Containern und freifliegenden Artefakten besonders hoch. Man muss durch die Hauptwolke navigieren, um die Container-Wolke zu erreichen. Innerhalb der Containerwolke ist die Navigation wegen vielen autonom manövrierenden Einzelteilen besonders schwierig.

Der Halo erstreckt sich bis in eine Entfernung von ca. 10.000 km. Es besteht zum Großteil aus der Platten der ehemaligen Schiffshülle in Größen von wenigen Metern bis zu 100 Metern. Darunter mischen sich vereinzelt auch Aggregate und Container.

Auch das Skelett des riesigen Schiffes kann abgebaut werden. Es besteht aus einer besonders stabilen Komposite-Legierung. Natürlich ist es eine Herausforderung die Platten und Träger zu durchtrennen. Aber es ist machbar. Da sind viele Gigatonnen Baumaterial für die Werften der umliegenden Systeme, die nur abgeholt werden müssen. Ganze Flotten könnte man damit bauen. Leider gibt es semiintelligente Bots, die das Skelett patrouillieren und etwas dagegen haben, dass man es demontiert. Und manche Leute haben auch etwas dagegen, dass man sich am Skelett bedient. Aus kommerziellen, wie aus militärischen Interessen.

Der kugelförmige Kernbereich des Kolosses ist mit 200 Kubikkilometern selbst noch gigantisch groß. Er steuert die Demontage. Dort werden die Schlepper, Bots und Baumaschinen hergestellt, die die Demontage durchführen. Dort werden sie auch programmiert. Der Kernbereich ist interessant, wenn man versuchen will, den Verlauf der Demontage zu beeinflussen. Wenn man einige der Demontage-Bots programmieren könnte, dass sie bestimmte Bereiche abbauen oder wenn man Schlepper programmieren könnte, um Fragmente an bestimmte Positionen zu bringen oder wenn man Markierungen an Fragmenten anbringen könnte, damit man sie später in der Wolke wiederfindet, dann wäre viel geholfen.

Es gibt Gerüchte von Teams, die das geschafft haben. Aber man kennt nicht die Aktivierungscodes für die Markierungen. Man könnte mit einem Einsatzteam in den Kernbereich eindringen und etwas über die Arbeit der früheren Gruppe herausfinden und so auf die Spur der Aktivierungscodes oder der Zielkoordinaten kommen. Leider gibt es Bots, die den Kernbereich vor Eindringlingen schützen. Es gibt Gerüchte, dass dort sogar autonome Nanokomplexe auf Eindringlinge warten.

Der Koloss scheint die Bergung schwierig zu machen. Immer wieder werden Fragmente kurz vor der Bergung verschoben oder auf Kollisionskurs gebracht. Dafür gibt es einen Grund: der Koloss zerlegt sich nicht von selbst. Er wurde durch Wissenschaftler von Ifri dazu gebracht. Ein großer Stab von Wissenschaftlern und Ingenieuren aus vielen Disziplinen hatte 100 Jahre Zeit, das System zu analysieren und zu manipulieren. Sie haben einige Steuerorgane des Kernbereichs durch Programmierung und Täuschung der KI dazu gebracht, die Demontage durchzuführen. Wenn die zentrale KI das herausfindet, dann wird die Reaktion vermutlich drastisch ausfallen.

Ständig sind viele Ingenieure im Kernbereich damit beschäftigt, die Demontage am Laufen zu halten. Immer wieder werden Systeme durch Sicherheitsprotokolle des Schiffs zurückgesetzt und müssen neu programmiert werden. Neue Erkenntnisse über die Schätze des Raumschiffs werden in den Ablauf integriert. Einige Teile des Raumschiffs haben Kampfdrohnen hergestellt, um die Eindringlinge zu vertreiben. Deshalb arbeiten die Wissenschaftler ständig unter militärischem Schutz.

Der Demontageprozess wurde absichtlich so gestaltet, dass es für fremde Bergungsschiffe schwierig ist, die Ressourcen zu nutzen. Scheinbar spontane Manöver von Bergungsobjekten und Kollisionen sind in den Demontageprozess hineinprogrammiert, um die Bergung zu erschweren. Es sieht nach unkontrolliertem Chaos aus. Aber die Kurse der Schlepper und autonomen Container folgen komplexen Mustern. Diejenigen, die die Demontage ausgelöst haben, kennen die Bewegungsmuster und haben dadurch Vorteile. Viele Fragmente werden tatsächlich markiert. Die Markierungen können durch kodierte Funksignale aktiviert werden. Aber nur wenige kennen die Aktivierungscodes. Manche Container liefern sogar eine Inventarliste, wenn man den richtigen Code kennt.

Die Wirtschaft von Ifri wächst sehr stark. Das liegt daran, dass Ifri als nächstes System die Basis für viele Bergungsunternehmen ist und dass dort Artefakte und Rohstoffe umgeschlagen werden. Es liegt aber auch daran, dass einige Staatskonzerne von Ifri Insiderwissen haben und deshalb viel leichter an die Ressourcen der Wolke kommen. Da dies unter den Augen der anderen Prospektoren geschieht, ist es nicht einfach, das Geheimnis zu bewahren. Zu viel Glück bei der Bergung würde auffallen und es fällt auch manchen Teilnehmern auf. Die wenigen, die herausgefunden haben, wie die Ifri-Konzerne vorgehen, müssen sich bedeckt halten, sonst werden sie erbarmungslos verfolgt.

Für die Ifri-Konzerne und das ganze Ifri-System steht viel auf dem Spiel. Die Fragmentwolke ist der Schlüssel zu Wohlstand und Macht, für einzelne, für Konzerne und für das ganze System. Mancher im Ifri-System träumt schon von einem kommenden Großmachtstatus. Sie nennen es insgeheim "Le Grand Plan". Geheimdienste arbeiten daran. Und dazu gehört es, das Geheimnis zu schützen. Mit allen Mitteln. Einige sind sogar überzeugt, dass man die Ressourcen der Fragmentwolke anderen aktiv entziehen muss.

Ifri ist noch nicht stark genug, um fremden Kräften den Zugang zu verbieten. Der Koloss ist im interstellaren Leerraum weit entfernt von jedem Territorialanspruch. Das heißt aber nicht, dass man den anderen Interessenten alles überlassen muss. Manche Bergungsunfälle sind kein Zufall. Für Außenstehende ist nicht klar, warum es in der Fragmentwolke immer wieder zu Explosionen kommt. Meistens sind das Anzeichen für verdeckte Operationen von Ifri-Diensten ("Opération d'interdiction"). Aber nicht immer.

Ende des dritten Jahrtausends ist es kein Problem mehr, große persönliche Risiken einzugehen, um Fragmente zu bergen, Container zu öffnen oder Artefakte auszuprobieren; wenn man in einem Mech-Körper steckt, ein Backup hat und genug Mittel, um immer wieder in einem neuen Mech zu starten.

Es gibt selbständige Unternehmer, die genügend Mittel aufbringen können. Vielleicht weil sie am Anfang mal Glück bei der Bergung hatten und sich jetzt von den Ergebnissen finanzieren. Konzerne haben sicher die nötigen Ressourcen. Es gibt auch Arbeitssklaven, die mit dem Versprechen auf Reichtum angeheuert wurden und jetzt ständig neu vom Backup instanziiert werden ohne jemals die Belohnung zu bekommen. Sie befinden sich in einer Art Zeitschleife ohne Erinnerung an die Zeit davor. Vielleicht kommt aber eines der Opfer der Sache durch einen Zufall auf die Schliche und kann sich und andere befreien.

#Abenteuer #Schatz #Bergung #Reichtum #Gefahr #Raumschiff #Geheimdienst

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