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Du wolltest schon immer mal auf die Seychellen, hast aber kein Geld. Besorg dir einfach ein Life-Theme. Ist viel billiger als echt verreisen. Und spart Zeit. Das Life-Theme "Seychelles 24/7" von Dream Theatre/Mumbai zeigt dir die Welt, wie sie sein sollte.
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Life-Themes verändern die optoakustische Wahrnehmung. Sie lassen die Welt anders aussehen, als sie eigentlich ist. Neuroimplantate verändern die Signale der Sinnesnerven von Augen und Ohren. Man läuft durch die reale Welt. Man sieht die reale Welt. Aber das Aussehen aller Dinge wird in Echtzeit an das gewünschte Genre oder Theme angepasst.
Wer in einer Großstadt wohnt, aber lieber auf einer tropischen Insel leben würde, kann sich alles in der Optik einer Südseeinsel darstellen lassen. Straßenlaternen werden zu Palmen, weiter entfernte Häuser werden durch einen Strand ersetzt. Die Sonne strahlt immer von einem blauen Himmel.
Wer im Mittelalter leben will, kann sich ein Theme aus einer riesigen Sammlung von Mittelalter-Themes aussuchen. Häuser bekommen Zinnen, Beton wird zu Backstein, Fahrzeuge werden Kutschen und sogar Personencopter werden in große Vögel oder Drachen übersetzt.
Der Trend zu Life-Themes hat viele Vorläufer. Immer mehr Menschen erleben die Realität angepasst an ihre Vorstellungen. Schon länger ändern Neuroimplantate die Wahrnehmung durch Ausblendung ungewünschter Dinge und Einblendung zusätzlicher Information.
Werbeblocker entfernen Werbebotschaften aus dem retinalen Datenstrom, bevor die Nervensignale die Verarbeitung im Gehirn erreichen. Virtags zeigen als eine Art Head-up Display virtuelle Anmerkungen, Hinweise und Wegweiser, die in das visuelle Zentrum eingespeist werden. Im Gaming-Bereich gibt es seit langer Zeit Real-Plays, die Fortsetzung von 3D VR-Technologien in der realen Welt. Games zeigen ihre Objekte als Ebene über der Realität.
Eine der ersten Anwendungen von sensorischen Neuroimplantaten waren Assistenten, die die Umgebung analysieren und in Echtzeit Ratschläge geben, wie zum Beispiel Daten, Diskussionsargumente oder Verhaltensanleitungen. Berüchtigt ist die Klasse der Wingman Flirt-Assistenten, die biometrische Daten des Gegenübers analysieren und statistische oder profilbasierte Hinweise geben. Unersetzlich sind Assistenten für Ingenieure, die Baupläne schon lange nicht mehr als Display-Sheets oder gar Papierrollen mit sich herumtragen, sondern Diagramme jederzeit über die optische Wahrnehmung einblenden können. Und inzwischen völlig selbstverständlich sind die Assistenten der Shiva-Klasse, die Hintergrundinformationen und Reputationsratings zu allen Personen bereithalten.
Es gibt auch schon länger Malware auf Implantaten, die die optoakustische Wahrnehmung manipuliert. Manche Malware blendet Werbebotschaften ein, die dann Webeblocker umgeht. Es gibt sogar Malware, die reale Ereignisse anders darstellt, um Zuschauer zu täuschen, sogenanntes Feed-Spoofing.
Ein Life-Theme ist ein Software Modul. Es wird als Plugin auf dem Neuroimplantat installiert. Gute Themes sind nicht billig. Die Analyse der Szene in Echtzeit ist aufwändig. Sie kann handelsübliche Neuroimplantate schnell überlasten. Manche Themes arbeiten deshalb mit Streaming und servergestützter Szenenanalyse. Neben dem Vertrauens-Problem (alles was man sieht wird in die Cloud geschickt und dort analysiert) leidet vor allem die Echtzeitfähigkeit. Schon wenige Millisekunden Ping irritieren. Deshalb muss die Szene eigentlich lokal analysiert werden. Das setzt gute (teure) Algorithmen und aktuelle (teure) Hardware voraus. Außerdem enthalten Themes Transformationsbibliotheken, Grafikroutinen und Grafikdaten, die je nach Preis von sehr unterschiedlicher Qualität und Vielfalt sein können.
Um die Life-Themes herum entsteht eine riesige Ökonomie. Es gibt in jedem Genre viele Varianten und viele Hersteller. Ob Mittelalter, Fantasy, Steam-Punk oder Science Fiction. Es gibt in beliebten Genres hunderte Themes und tausende Mods, Hacks und Add-ons.
Bald bringen die Unterhaltungsnetzwerke Themes ihrer IPs heraus mit denen sich Fans in den Welten ihrer Lieblingsserien bewegen können. Urlaubs-Themes sind sehr beliebt, wie auch viele andere Realwelt-Themes, die einfach nur eine andere (aber reale) Umgebung vorspielen - Städtereisen im Alltag. Einige Overlays sind vor allem jahreszeitabhängig beliebt, wie zum Beispiel das Add-on "Frau Holle" der Wetterwarte Zugspitze. Das Add-on zaubert auf alles eine Lage Neuschnee in einstellbarer Höhe. Eine nette Spielerei sind simple Render-Themes, die keine Objekte verändern, sondern nur die Optik anpassen, zum Beispiel im Comic-Stil (inklusive Sprechblasen statt Sprache), als Fresko oder als Strichzeichnung, wie der berühmte AHA-Mod und viele andere mehr.
Es gibt für fast alle Produkte Upgrades und Mods. Es gibt offene und proprietäre Schnittstellen durch die sich Plugins in die Verarbeitungspipeline einhängen können um einzelnen Schritte zu verbessern. Life-Themes haben Schnittstellen zu Werbeblockern, Assistenten und all den anderen Anwendungen auf Neuroimplantaten, die für uns inzwischen unverzichtbar geworden sind und natürlich auch im gewählten Theme dargestellt werden sollen.
Hey Heiner,
AntwortenLöschenDanke für diesen krassen Sci-Fi Artikel. Ich selber hab ja eine gewisse Affinität zu Robotik und Cyborgisierung und in meinem Kopf explodieren seit mehreren Minuten Feuerwerkskörper, weil ich darüber nachdenke, was es denn wirklich heißt und für Konsequenzen hat, wenn das eintritt?
Hast du eigentlich ein paar Forschungsquellen, wie der aktuelle Stand ist oder wovon hast du dich inspirieren lassen?
Noch einmal Danke für deine Teilname!
Grüßken, Yasemin aka Weltenbewegerin.
Ich habe keine speziellen Quellen. Ich lese viel. SciFi, Blogs, News-Feeds. Aktuelle SciFi liefert die meisten Ideen dazu, was so der aktuelle Standard in der Denkrichtung ist. Früher war das z.B. William Gibson und Bruce Sterling. Transhuman Space ist eine sehr gute Quelle für die nähere Zukunft: https://www.amazon.de/Transhuman-Space-Hc/dp/1556344546/
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