3090 Solo Ehre

Die Regeln des Krieges für die modernen Ritter in ihren schwer bewaffneten Raumschiffen.

Seit fast 200 Jahren ist das Solsystem besetzt. Und seit etwa 100 Jahren läuft die Reconquista, die Bewegung zur Rückeroberung des Heimatsystems. Auf allen Himmelskörpern und in vielen Habitaten sind Rebellengruppen aktiv. Die Reconquista wird unterstützt durch Kräfte der ehemaligen Kolonialsysteme. Aber die vielen Fraktionen der Menschen im System und von außerhalb arbeiten weitgehend unabhängig voneinander. Nur selten gibt es Absprachen und gemeinsame Aktionen.

Die dellianische Herrschaft ist ähnlich unkoordiniert. Es gibt zwar eine hierarchische Struktur, die das gesamte Sonnensystem umfasst. Sie reicht vom Beschützer des kleinsten Außenpostens bis zum Beschützer des Solsystems. Aber in der Praxis sind die einzelnen Beschützer sehr selbstständig. Sie kümmern sich eher um ihren eigenen Machterhalt, als um den ihrer Nachbarn oder ihres übergeordneten Beschützers. Die eigene Zukunft ist ihnen wichtiger, als die Gesamtherrschaft der Dellianer im Solsystem. Sie verbünden sich je nach Bedarf mit anderen dellianischen Beschützern, mit Fraktionen fremder Völker im Solsystem oder auch mit Fraktionen der Menschen, wenn es ihnen nützt.

Das war nicht immer so. Zu Beginn der Dellianerherrschaft war das Vasallensystem straff organisiert. Damals war die solare Wirtschaft noch stärker. Und die Fremdherrscher hatten interstellare Verbündete. Sie konnten diese Ressourcen nutzen, um ihre Herrschaftsstrukturen zu unterhalten. Aber inzwischen ist die Wirtschaft im Niedergang und die interstellaren Verbindungen sind schwach. Sowohl der Handel, als auch Tributzahlungen von extrasolaren Dellianerstämmen sind stark zurück gegangen. In der Folge des misslungenen Angriffs auf das Luhman-16 System verlor der Beschützer des Solsystems an Einfluss. Immer wieder musste er sich die Gefolgschaft anderer Beschützer durch Abtretungen erkaufen. Seit einigen Jahrzehnten hat der Titel "Beschützer des Solsystems" keine praktische Bedeutung mehr. Der "Beschützer des Solsystems" ist nur noch einer von vielen lokalen Herrschern. Dellianer kontrollieren zwar noch das Solsystem. Aber sie sind keine geschlossene Macht mehr.

Im ganzen System sind Kräfte der Reconquista aktiv. Manche offen, mit militärischen Aktionen, andere im Verborgenen. Meistens geht es um einzelne Habitate oder Asteroidenbasen. Ständig gibt es regionale Konflikte. Habitate werden erobert und zurückerobert. Die Dellianer setzen dabei viele Söldner ein. Unter den solaren Fraktionen gibt es eine unüberschaubare Vielfalt von Sicherheitsdienstleistern, Piraten und Söldnern. Die Grenzen sind fließend. Auf beiden Seiten sind Menschen und Dellianer aktiv. Manche freiwillig, andere gezwungen, viele wegen der Belohnung, andere aus Idealismus.

Meistens bestehen Angriffskräfte nur aus wenigen Schiffe. Fast nie treffen größere Flotten aufeinander. Es gibt keine Schlachten, sondern höchstens Scharmützel kleiner Flottillen. Der Einsatz von Einzelnen ist oft entscheidend. Und zwar nicht nur einzelne Schiffe, sondern auch die Aktionen einzelner Personen. Denn unter den Söldnern fliegen viele solo. Kleine und mittlere Kampfschiffe können von einer Person allein geflogen werden. Die Schiffe sind hochautomatisiert und die Piloten sind auf vielerlei Weise aufgerüstet. Oft sind sie sogar Transsapients, durch Implantate und Schnittstellen direkt mit ihrem Schiff verbunden. Das Schiff ist ihr erweiterter Androidenkörper. Die Solo-Flieger ("Solos") sind die Elite der mobilen Angriffs- und Verteidigungskräfte in kriegerischen Auseinandersetzungen.

Die ursprüngliche Rolle von Solos ist die Verteidigung ihrer Heimat, ihres Heimatsystems oder ihres Habitats. Sie verstärken die regulären Einheiten. Solos sind für das Überraschungsmoment zuständig, für unerwartete taktische Varianten und für dynamische Schwerpunktverlagerung. Bei den kleinen Gefechten, die im Sonnensystem so häufig sind, kann ein einziger Solo entscheidend sein. Die meisten Solos rüsten ihre Schiffe selbst aus. Sie fliegen Fregatten oder leichte Kreuzer. Besonders gut ausgestattete Solos, wie die Garde von Marduk, verfügen sogar über schwere Kreuzer.

Solos haben eine besondere Stellung. Verbündete und Gegner verfolgen ihre Aktivitäten. Ihre Namen und ihre Holo-Banner sind bekannt. Deshalb achten Solos auf ihren Ruf. Ihre Gefechtsergebnisse werden registriert. Solos mit vielen Abschüssen sind auch der Öffentlichkeit bekannt. Es gibt Ranglisten, die die Stärke von Gegnern, Unterstützern, individuelle und Gesamtergebnisse berücksichtigen und daraus einen Punktestand ermitteln. Die meisten Solos würden bestreiten, dass sie sich für solche Ranglisten interessieren. Aber sie senden ihre Kennung und erlauben so die Registrierung ihrer Erfolge. Der Punktestand hilft ihnen, potentielle Gegner einzuschüchtern – und hohe Preise für ihre Dienste zu verlangen.

Beide Seiten beschäftigen Solos, sowohl die Menschen für die Rückeroberung, als auch die Dellianer zur Erhaltung des Status Quo. Viele der Solos sind Menschen aus den ehemaligen Kolonialsystemen. Aber es gibt auch Angehörige anderer Hochkulturen, die sich eigene Schiffe leisten können und im Solsystem mitmischen. Sogar einige Neo-Barbaren bezeichnen sich als Solos. Ursprünglich waren sie Piraten in geraubten Schiffen, aber jetzt schmücken sie sich mit dem Solo-Status. Unter den dellianischen Beschützern gibt es besonders viele Solos. Dellianern ist der Status sehr wichtig. Und ein Eintrag in einer der bedeutenden Ranglisten kommt fast einem Ritterschlag gleich. So eine Einstufung ist natürlich nicht vergleichbar mit der Verpflichtung für eine der Solo-Garden großer interstellarer Territorialsouveränitäten. Aber sie steigert das Ansehen und damit den Einfluss, vor allem wenn die Einstufung entsprechend hoch ist.

Einige der angesehensten Ranglisten bewerten nicht nur Abschüsse, sondern auch die Methoden mit denen die Erfolge erzielt werden. Dabei spielt Fairness eine große Rolle. Das heißt nicht, dass keine Kriegslisten erlaubt sind, im Gegenteil. Aber Solos sollen bei ihren Einsätzen Zivilisten und andere Unbeteiligte schonen. Kriegsverbrechen oder Erfolge mit zivilen Kollateralschäden führen zu Punktabzug. Diese Sichtweise passt zum grundsätzlichen Bestreben der Solos, einen guten Ruf zu erlangen. Sie wollen gefürchtet sein, aber auch geachtet.

Es gibt auch Solos, die sich nicht an den Kodex halten. Viele sind Angehörige von Völkern mit anderen Moralsystemen. Aber natürlich sind darunter auch Menschen, Kisori und Artu-stämmige. Dellianer, die einen großen Teil der solaren Solos stellen, haben eine andere Ethik als Menschen. Trotzdem ist das Konfliktverhalten der Dellianer kompatibel mit der Solo-Kultur. Die dellianische Kultur kennt die Konzepte Anstand und Ehre nicht. Aber Dellianer respektieren die Regeln von Ranglisten, die ihnen Anerkennung verschaffen. Ihre vorherrschende Religion, der spezielle Uthoismus, unterstützt außerdem Respekt zwischen Gleichgestellten. Das gilt auch für Gegner und passt damit gut zum Solo-Ehrenkodex. Der Schutz von "Geringeren", wie Zivilisten, ist dagegen nur im allgemeinen Uthoismus wichtig.

Die Gesamtzahl der Solos im Solsystem liegt wohl zwischen 10.000 und 40.000, je nachdem, wie der Solo-Status definiert wird. Die Grenzen sind fließend zwischen:

- echten Solo-Fliegern und Kommandeuren mit zusätzlicher Besatzung,

- Akteuren mit Begleitschiffen (Flotillenkommandeure) und einzelnen Schiffen,

- vollintegrierten Transsapients und klassischen immersiven Kommandosystemen,

- Bios mit (Nano-)Implantaten, Androiden mit Schnittstellen, Uploads als Infosophonten und vollständig artifiziellen Infosophonten,

- einzelnen "normalen" multitaskingfähigen Sophonten und Bewusstseinskollektiven,

- unabhängigen, selbstfinanzierten Solos und Solo-artig strukturierten Flottenteilen größerer Souveränitäten,

- Solos mit ultraautomatisierten selbstreparierenden autonomen Schiffen und Solos mit mobilen Tendern oder sogar festen Heimatbasen,

- (monolithischen) Schiffen, (Drohnen) Schwärmen und (Mikrobots) Wolken, sogenannten Cloud-Solos,

- den wenigen "offiziellen" Solos mit echten Dienstverpflichtungen durch eine interstellar anerkannte Souveränität und den vielen anderen, die danach streben, oder auch nicht,

- Idealisten und Söldnern,

- aktiven Solos und nur sporadisch als Solo aktiven Piloten, ehemaligen Solos, die sich zurückgezogen haben, Verschwundenen und Vermissten,

- Teilzeit-Solos, die inkompatiblen Beschäftigungen nachgehen, wie Piraterie, und nur bei Konflikten im Rahmen der Reconquista Solo-Regeln beachten, und denen, die immer auf die eine oder andere Art ehrenvoll agieren,

- Unterstützern verschiedener Verhaltenskodices und Wettkampfregeln, und denen, die sich nicht an Konventionen binden (Dark-Solos),

- selbstbezeichneten Solos und Solos, die von anderen anerkannt werden, die in der Öffentlichkeit bekannt sind, die von anderen Solos akzeptiert sind, die bei Ranglisten gelistet sind,

- Solos, die sich an den Kodex halten und anderen, die nur die Solo-Reputation missbrauchen,

- Schatten-Solos, die anonym bleiben wollen, die sich nicht offiziell an Kampfhandlungen beteiligen, die ihr Rufzeichen ändern, ihre Ausrüstung variieren und ihre Anwesenheit verschleiern, die sich aber trotzdem an den Konventionen orientieren.

Manche Beobachter der Szene argumentieren, dass nur Solos mit Dienstpflicht für Territorialsouveränitäten gezählt werden sollten. Alle anderen sind in den Augen der Puristen nur Trittbrettfahrer. Die Zahl der offiziell anerkannten Solos liegt zwischen 2.000 und 4.000, je nachdem welche Systemmächte man als relevante Souveränitäten betrachtet. Dazu kommen 5.000 dellianische Beschützer, die sich gewissermaßen selbst als Solo für ihr eigenes Protektorat verpflichten, um eine Dienstpflicht für eine Territorialsouveränität nachzuweisen.

Auf den renommierten Ranglisten sind zwischen 2.000 und 15.000 Solos verzeichnet:

- ESL: Elite Solo League: 2.000 akkreditierte Solos.

- AltSL: Alternative Solo List (früher: Alternative Solo League): 3.100 ohne formale Akkreditierung, einschließlich Solos, die bei ESL abgelehnt wurden oder keine Akkreditierung anstreben.

- Ren Tso Nuk Singulärkombattantenkonfliktleistungsvergleich Edition Sol, kurz: der "Rentso": 18.000. Für einen Listenplatz zählen nur Ergebnisse. Regelkonformität, Fairness, Gegnerstärke werden nicht gewertet.

- VIABELLI: verzeichnet das Konfliktverhalten von 12.000 Solos in mehreren Dimensionen. Lizenznehmer verpflichten sich, keine Projektionen vorzunehmen, insbesondere keine eindimensionalen Wertungen abzuleiten.

Im Sonnensystem gibt es ca. eine dreiviertel Million Habitate und Raumstationen in solaren Umlaufbahnen, im Orbit und auf Himmelskörpern außerhalb von Venus, Erde und Mars. Etwa 20% waren in der letzten Dekade umkämpft oder von Kampfhandlungen betroffen, viele auch mehrmals. Im äußeren System ist sogar die Hälfte der Siedlungen umstritten. An vielen Konflikten sind Solos beteiligt. Diese Konflikte werden offiziell nach Solo-Regeln ausgetragen, wenn alle Konfliktparteien ihr Verhalten als Kodex-konform deklarieren. Diese Deklaration kann vor dem Ausbruch von Konfliktmaßnahmen explizit geschehen oder implizit dadurch, dass alle Teilnehmer als Unterzeichner eines Regelwerks registriert sind.

Es gibt mehrere Regelwerke, und im Konfliktfall will man sich nicht auch noch um das Regelwerk streiten. Schließlich geht um Krieg mit oft tödlichem Ausgang und die Folgen der Auseinandersetzungen können gravierend für die betroffene Bevölkerung sein. Die harte Realität ist immer noch wichtiger, als alle Listen und Regeln. Um bezüglich der Regeln einen Abstimmungsprozess zu vermeiden, gibt es anerkannte Basis-Sets, Schnittmengen von kompatiblen Regelsätzen, die automatisch zur Anwendung kommen, auch wenn die Beteiligten verschiedene Konventionen vertreten.

In der Praxis bestimmen spezialisierte Ethik-KIs der Konfliktparteien den aktuell gültigen Regelsatz. Die Beteiligten können sich dann einigermaßen darauf verlassen, dass sich ihre Gegner an die Regeln halten. Während eines Kampfes meldet die Ethik-KI dem Piloten potentielle Konflikte, um eigene Verstöße zu vermeiden. Erfahrenen Solos ist natürlich intuitiv klar, welche Maßnahmen erlaubt sind und welche nicht. Sie brauchen keine Anleitung durch den Ethik-Wächter. Aber nicht immer sind alle Konsequenzen von Kriegshandlungen offensichtlich. Und da ein einziger Regelverstoß zu lebenslangen Sperren führen kann, wollen viele Solos zumindest benachrichtigt werden, um dann selbst zu entscheiden. Manche lassen die Ethik-KI sogar Kommandos filtern, um sicher zu gehen.

Trotz aller sportlichen Folklore und Verharmlosung durch Kommentatoren, Holo-Banner, Rankings und Statistiken, geht es um Krieg. Deshalb geben die meisten Regelsätze viel Freiraum für tödliche Kreativität. Im Vordergrund steht der Schutz von zivilen Einrichtungen, Zivilisten und Nichtkombattanten. Manche Regelsätze schränken auch Heimtücke oder sogar Kriegslisten ein. Viele verbieten Angriffe auf wehrlose Fahrzeuge von Kombattanten, wie zum Beispiel Rettungsboote. Einige erweitern den Status der "Wehrlosigkeit" auf kampfunfähige Kriegsschiffe. Andere beziehen sogar Flucht (mit oder ohne Abwurf der Kampfmittel, der offensiven oder aller) mit ein, wobei dann eine Flucht zur Täuschung ausgeschlossen ist. Es gibt viele Varianten.

Bekannte Konventionen sind:

- Kodex Marducis: der Verhaltenskodex der Präsidentengarde von Marduk. Der Kodex ist in zwei Versionen verfügbar. Die "Bellum"-Version verlangt im Wesentlichen generellen Anstand gegenüber dem Gegner, den Schutz von Zivilisten und die Anerkennung ehrenvoller Aufgabe. Viele Anwendungsfälle sind detailliert geregelt, zum Beispiel Zeitpunkt und Umstände der "ehrenvollen Aufgabe". Alle Solos, die davon träumen, der Garde von Marduk beizutreten oder zumindest in der Marduk Solo Legion zu dienen, müssen sich streng an den Kodex halten. Jede Übertretung führt zu permanentem, nicht anfechtbarem Blacklisting. Die "Exercitium"-Version erweitert Bellum um das Verbot nichtreversibler Schäden.

- Official ESL Rules: publiziert von der Elite Solo League, im Wesentlichen kompatibel mit Bellum Marducis. Allerdings gelten die Regeln von Marduk nur für Konflikte zwischen Menschen. Gegenüber anderen Völkern gilt der Kodex Marducis explizit nicht. Die ESL-Regeln erweitern den Kodex auf andere Völker. Das ist notwendig, weil das interplanetare Solsystem sehr heterogen ist. Die Liga hat die Regeln von Marduk in "Abstract Ethics Framework and Moral System Notation" (AEFMSN) umformuliert. Daraus können dann Regelsätze für die Denkmuster anderer Völker abgeleitet werden, die äquivalente Ergebnisse liefern. Autorisierte Interpretationen für viele Völker bietet der "ESL Intersophont Ethics Guide", insbesondere für Dellianer, die im Solsystem sehr wichtig sind. Begriffe des Bellum Marducis werden in das dellianische Ethiksystem übertragen. Auch inkompatible Konzepte sind für Dellianer detailliert geregelt, so zum Beispiel der besondere Status von Zivilisten (dellianisch: "Geringeren"), deren Eigentum (ziviler Infrastruktur) und für Dellianer erstaunliche Konzepte wie "Nichtkombattanten" und "sich ergeben".

- A Gentlesoph's Agreement: Quelle unbekannt. Formalisiert den ehrenhaften Kampf zwischen Gleichgestellten, insbesondere Solos. Keine Rücksichtnahme auf andere Konfliktparteien ohne Solo-Status oder Zivilisten. Inkompatibel mit Kodex Marducis/ESL, aber beliebt bei Auseinandersetzungen zwischen Dellianern auch innerhalb der dellianischen Hierarchie, zumindest bei den Dellianern, die nicht an einem ESL-Listing interessiert sind. Ihnen bliebt das Ranking im "Rentso", der nicht an der Einhaltung von Regeln interessiert ist, sondern nur an Kampfkraft und Ergebnissen, wie auch immer diese erzielt werden.

- Die "Empfohlenen Verhaltensweisen für die Freunde des weisen Drachen", kurz: die "Verhaltensweisen des Drachen": ein mehr als 6.000 Jahre alter Verhaltenskodex aus dem kisorischen Mittelalter. Er taucht zuerst in den frühen Drachenlegenden des Dichter-Sängers Ros Mer Hom auf. Die Empfehlungen gehen angeblich zurück auf den sogenannten Drachen in Kisorigestalt, der Hauptfigur der Drachenlegenden. Die "Verhaltensweisen" sind schon früh, vermutlich ab Beginn des zweiten Mittelalter-Jahrtausends, Teil der kisorischen Überlieferung. Sie waren im zweiten Jahrtausend weit verbreitet und regelten die Beziehungen der Regionalfürsten auf Kisor-Beta in Krieg und Frieden. In dritten Jahrtausend setzten sich etwas robustere Umgangsformen durch. Die "Verhaltensweisen" wurden nur noch als Ideale in Dichtung und Literatur betrachtet. Im neuen interplanetaren Zeitalter Kisors und in der interianischen Zeit wurden die "Verhaltensweisen" erst in die Moderne transformiert und dann für die Beziehungen zu fremden Völkern angepasst. Auch damals gab es schon kisorische Solos, die sich an ihrem Mittelalter-Ideal orientierten. In der aktuellen Form sind die "Verhaltensweisen" 1.500 Jahre alt. Sie sind vom kisorischen Alturismus geprägt und, wenn man der Überlieferung glaubt, vom Drachen, der tausend Jahre lang versuchte, den mittelalterlichen Kisori zu helfen, auch, indem er sie lehrte, friedlich miteinander umzugehen. Basierend auf dem alturistischen Ethiksubstrat sind die "Verhaltensweisen" humaner, als die Menschenrechte der Erde. Die "Verhaltensweisen" sind kompatibel mit dem Kodex Marducis und ESL. Sie gehen sogar darüber hinaus. So gibt es zum Beispiel eine Pflicht zum Schutz von Unbeteiligten vor regelwidrigen Handlungen des Gegners, erweiterte Entschädigungsansprüche, falls doch Schäden eintreten, und Beschränkungen bei Handlungen, die auch indirekt zu Kollateralschaden führen könnten.

- "Jarura für bedauerliche aber unvermeidliche Konflikte", kurz Jarura-Regeln und der davon abgeleitete ESJ-Mod: Die Jarura-Regeln sind auf Yaris entstanden und dort schon seit Beginn der Zivilisation bekannt. Sie wurden aber nie aufgeschrieben, weil die Yaris sie als natürlich und selbstverständlich empfinden. Ein zentraler Begriff ist "Jarura", wörtlich übersetzt "menschlich", der Bedeutung nach "anständig". Jarura ist eine informelle inverse Reputationswährung. Yaris bekommen und besitzen mehr Jarura, wenn sie Jarura ausgeben, mit anderen Worten: wer immer anständig handelt, ist hoch angesehen. Der Zusammenhang ist für Yaris selbstverständlich und wird auch so gelebt. Im interstellaren Zeitalter (von Yaris) beschäftigten sich Wissenschaftler anderer Völker mit der Yari-Kultur, um herauszufinden, wie die Yaris in nur 150 Jahren von der Steinzeit zur interstellaren Kolonisierung kommen konnten. Einige Yaris, die sie dabei unterstützten, schrieben die Jarura-Prinzipien für die "Aliens" auf, erst in Solar-Hindu-Dharma Kategorien, aber später in der abstrakten AEFMSN Notation. Dazu gehört auch "Jarura für bedauerliche aber unvermeidliche Konflikte", gewissermaßen die Regeln der Kriegsführung auf Yaris. Das Grundprinzip der Jarura-Regeln ist die Minimierung des Gesamtschadens, bzw. der Gesamtverluste an Lebenszeit. Sie versuchen nicht speziell Unbeteiligte zu schützen oder die Mittel des Konflikts abzumildern. Sie wollen negative Auswirkungen auf die Gesellschaft begrenzen. Dabei gibt es mehrere Varianten: "absolut" für den numerisch berechneten Schaden, "renormiert" für eine logarithmisch skalierte Berechnung. und "empfunden" für eine subjektive Gewichtung zugunsten Unbeteiligter. Die Variante "empfunden" ist einigermaßen kompatibel mit ESL-Regeln. Mit der Modifikation ESJ (Elite Solo Jarura) sind Solos, die auf ESL Wert legen, auf der sicheren Seite.

Etwa die Hälfte alle militärischen Auseinandersetzungen werden von den renommierten Solo-Ranglisten verarbeitet. Davon wird ein Drittel offiziell (implizit oder explizit) nach anerkannten Regeln ausgetragen. Die übrigen 33% finden effektiv nach Solo-Regeln statt, ohne, dass sie so deklariert werden. Von den explizit deklarierten Ereignissen verwendet wiederum ein Fünftel nicht-tödliche Regelsätze bei denen ein Kampf abgebrochen wird, bevor Schiffe zerstört werden. Das heißt, ca. 3% der Konflikte finden nach ritualisierten Regeln statt, in denen man sich nur misst, mit allen zur Verfügung stehenden (militärischen, logistischen, psychologischen) Mitteln, und dann eine Niederlage (bzw. das GG) akzeptiert, bevor permanenter Schaden an den Fahrzeugen der Kombattanten angerichtet wird. Meistens wird dabei Exercitium Marducis benutzt.

Das Leben von Solo-Kombattanten ist eigentlich nie in Gefahr. Alle haben Backups. Die Zerstörung von Backups wäre nur mit geheimdienstlichen und/oder informationstechnischen Mitteln und Angriffen auf zivile Infrastruktur möglich. Das ist im Allgemeinen nicht praktikabel und außerdem durch Regeln ausgeschlossen. Nur die Solos, die noch in ihren originalen – wenn auch stark aufgerüsteten – Bio-Körpern unterwegs sind, haben persönlich etwas zu verlieren. Diese Solos sind bekannt und besonders geachtet wegen des erhöhten Risikos. Die meisten Bio-Solos favorisieren deshalb ritualisierte Regelwerke. Die, die das trotzdem nicht tun, sind die heimlichen Stars der Szene.

Einige bekannte und bemerkenswerte Solos:

- Tanam Ronan Zorang, ex-Kisori, Infosophont (Upload), Alter: 730 Jahre Echtzeit, ca. 2500 Jahre virtuell, davon 1500 Jahr Solo-Training in beschleunigter Simulation, Ausrüstung: Schwarm von 12.000 je 8 Kubikmeter großen autonomen Drohnen, die alle jeweils von einer Kopie des Infosophonten geflogen werden. ESL-Rang: 1, Rentso-Platz: 15; Aktivitäten: 70% Söldner, davon 20% Reconquista auf beiden Seiten, 30% unbekannt. Arbeitet vorzugsweise unter Kodex Marducis, trotz Blacklisting durch die Garde infolge einer Kodexverletzung in einer ausweglosen Situation, in deren Folge 30.000 Zivilisten starben (4.763 final).

- Hiltrud Agnes Grimwald vonWieland des Wieland-Orbitals/Sterge, Mensch, Bio-Solo, Alter: 141 Jahre; klassische Steuerung durch Implantat-Immersion; Archangel v18 Gen-Template mit absoluter Orientierung, 7-fach Multitasking und Bullet-Time Savant Aspekt, taktische Intuitionsquellen; ex Geschwader-Kommandeurin Gatak-Force (eine Spezialeinheit der Rama Systemstreitkräfte), verpflichtet für das innere Verteidigungsellipsoid von Sterge, Fellow der Marduk Solo Legion, Ehrenmitglied der Malam Elang (Nachtfalken) von Haumea im Edgeworth–Kuiper Gürtel; Ausrüstung: monolithische Kampfplattform (600 kt). Die Konstruktion hat nur einen einzigen überschweren Konverter-Beschleuniger (Siege Artillery Grade) als Offensivbewaffnung. Der Beschleuniger und die zugehörigen Subsysteme beanspruchen zwei Fünftel der Tonnage. Für die meisten Ziele genügt ein Schuss der Konverterkanone. Während die Hauptwaffe arbeitet, wird das Fahrzeug durch eine tief gestaffelte Defensive geschützt. Die Plattform ist sehr agil bezüglich Orientierung im Raum, um die Kanone schnell auszurichten und über Gegner wandern zu lassen. Aber sie ist träge beim Ortwechsel. Die Konstruktion erlaubt eine ungewöhnliche Gefechtstaktik. Sie ist aber nicht zwingend anderen Konfigurationen überlegen. Im Gegenteil, die Konzentration auf nur eine Primärwaffe schränkt die möglichen taktischen Varianten ein. Auch die eher traditionelle Steuerung durch eine Bio mit Implantaten ist sicher kein besonderer Vorteil. Trotzdem ist vonWieland eine der erfolgreichsten Solos überhaupt (AltSL-Rang: 3, Rentso-Platz: 11). Der wichtigste Faktor für vonWielands Erfolg ist ein überlegenes Bewertungssystem, das sie selbst entworfen hat. Alle Solos benutzen automatische Bewertungssysteme, die Gefechtssituation analysieren, mögliche Weiterentwicklungen durchrechnen und daraus taktische Vorschläge ableiten. Die Ergebnisse werden dann in Form spontaner Ideen in bewusste Denkvorgänge einblendet. Das vonWieland'sche Bewertungssystem liefert offensichtlich bessere Ergebnisse, als die anderen Systeme. Immer wieder zeigen post-Action Analysen von Kommentatoren, dass Zielauswahl und Timing vonWielands optimal sind. Bevorzugtes Regelwerk: "Verhaltensweisen des Drachen".

- Xier Lieblings-Apex des Beschützers von Sol (Apex: drittes dellianisches Geschlecht, xier: neutrales Pronomen für Geschlechterrollen, die nicht in das irdische biologische Schema passen). Xiner der am besten ausgerüsteten Solos im Solsystem. Finanziert durch xinen Mann, den Beschützer von Sol. Ausrüstung: Träger mit 4 schweren Kreuzern, davon 2x Marduk Solo Legion Modell, 2x interianisch, Träger/Antriebsplattform von RageWare Industries/Deimos; Heimatbasis: Isle of Sol III Habitat/Venus; Rentso-Platz: 4189; Aktivitäten: 20% Piraterie, 50% Reconquista/Dellianer (primär nach Gentlesoph's Agreement).

- Vier Morphschiffe der Nanitenzivilisation von Drabapra 81A-H. Alle identifizieren sich als selbständige Individuen mit eigenem Namen und Symbolen. Es ist nicht klar, ob sie wirklich in unserem Sinne Individuen sind und wenn ja, wie viele. Vielleicht sind sie doch eher Fragmente eines Gesamtzivilisationsbewusstseins und spielen die Individualität nur. Die Morphschiffe agieren meistens als Wolke von Mikrobots. Aber es wurden auch schon Konfigurationen als Linearbeschleuniger für Hochgeschwindigkeitsbombardierung beobachtet. Warum sich die Naniten im Solsystem aufhalten, ist unklar. Eigentlich sollte sie der Konflikt zwischen Menschen und Dellianern nicht interessieren. Im Gegenteil, Mech-Zivilisationen, ob Naniten oder Roboter, lösen bei anderen Völkern Unbehagen aus, weil sie sich unkontrolliert ausbreiten könnten. Man kann sie dulden, solange sie sich auf ihr eigenes Sonnensystem beschränken. Aber solche selbständigen, interstellaren Aktivitäten sind genau das, was Bio-Zivilisationen fürchten. Jedenfalls befolgen die Naniten ESL-Regeln perfekt. Sie setzen sich aktiv für den Schutz von Zivilisten ein, auch in Konflikten, die sie nichts angehen, und sie haben eine erstaunlich große Durchschlagskraft. ESL-Ränge: 64 - 97, Rentso-Plätze: 255 - 421; Aktivitäten: 39% Reconquista/Dellianer, 41% Reconquista/Reshumanis, 20% unbekannt.

- Victoria Hugo, ex-Delphin vom Ganges Chasma/Valles Marineris/Mars, Transsapient als Cetacea-Android mit Kommandoschnittstellen, Alter: ca. 280 Jahre real und angeblich 3.000 Jahre virtuelle Trainingszeit, geboren als Uplift Genvorlage Poseidon-Omega, natürliche 3D-Orientierung, 5-fach Multitasking-Bewusstsein; Ausrüstung: hyperagiler Tetraeder-Zerstörer; ESL-Rang: 2, Rentso-Platz: 12; Aktivitäten: 70% Reconquista/Dellianer, 30% Freelancerin. Hugo ist spezialisiert auf sehr dichte und schnelle Dogfights. Sie fliegt eine hyperagile Plattform in Zerstörer-Größe mit Schnellfeuerrailguns in Tetraeder-Anordnung. Der Zerstörer ist eine Spezialanfertigung mit übergroßen ÜL-Triebwerken unbekannter Herkunft. Die Störmassentoleranz ("Geländegängigkeit") des Antriebs ist so groß, das Hugo selbst im Nahkampf mit dem Raumkrümmer fliegen kann. Sie erreicht im Prozentbereich der Lichtgeschwindigkeit einen Kurvenradius von wenigen tausend Kilometern. In 30 Sekunden zieht sie unter massivem Dauerfeuer bis zu 20 komplexe Schleifen um ihre Gegner. Bei diesem Leistungsprofil reichen die Betriebsmittel, Munition, Treibstoff, Konverterpole, nur für 30 Sekunden. Danach ist der Kampf entweder vorbei oder sie muss zum Nachladen zu ihrem mobilen Versorger. Der Versorger ist außerhalb des Gefechtsgebiets stationiert und für Hugo mit den überdimensionierten Triebwerken in 60 Sekunden erreichbar. Nach einer Ausrüstungszeit von 30 - 60 Sekunden und dem Rückflug ins Kampfgebiet, beginnt die nächste Runde. Die Schwachstelle dieser Vorgehensweise ist natürlich der Versorger. Fällt er aus, dann ist Hugo schnell kampfunfähig. Deshalb muss der Versorger selbst ständig auf der Hut sein. Er muss anderen Kräften des Gegners auszuweichen. Der Versorger wird von Victorias Schwester Marie geflogen. Die hohe Kunst der Versorger-Pilotin besteht darin, vorauszuahnen, wo Gefahr droht. Marie hat noch den originalen "Poseidon" Delfin-Körper mit konventionellen Nanoimplantaten. Sie wird bei ihrer Aufgabe unterstützt durch die übliche automatische Gefechtsfeldanalyse und ein Strategieorakel. Das Orakel ist möglicherweise eine singuläre KI. Angeblich stammt das Artefakt vom Koloss von Ifri. Jedenfalls scheint es mit übernatürlicher Präzision Bedrohungen für den Versorger vorherzusagen. Trotzdem verlässt sich Marie in kritischen Situationen meistens auf ihren natürlichen Instinkt.

- Ein unbekannter Schatten-Solo, der immer wieder unerwartet in Konfliktgebieten auftaucht, um Zivilisten zu retten, vor allen in ungeregelten Konflikten. Die Medien nennen ihn Dark Ghost. Bei Ausrüstung und Verhalten gibt es Ähnlichkeiten zu den Morphschiffen der Naniten, aber er ist deutlich größer. Der Schatten-Solo könnte eine Aggregation der bekannten Morphschiffe mit einer weiteren, noch größeren Nanitenmasse sein. Das ist aber nur Spekulation. Rentso-Platz: 5; Aktivitäten: 2% kodexfrei, Verbleib sonst unbekannt.

Solos sind die modernen Ritter. Aber im Vergleich zur eher informellen moralbasierten Ritterehre des irdischen Mittelalters, ist der Solo-Kodex viel mehr formalisiert. Das ist wahrscheinlich notwendig in einer Welt, in der nicht alle Wesen auf die gleiche Weise denken. Die biologischen und kulturellen Unterschiede sind so groß, dass nur formale und kontrollierte Regelwerke Ordnung bringen können. Wo es keinen Staat gibt und keine Sanktionsmöglichkeiten, bieten die Solo-Regeln zumindest einen gemeinsamen Rahmen. Öffentliche Ranglisten und die Drohung von Sperren bei Kodexverletzungen mäßigen die Wahl der Mittel in den unzähligen Kleinkriegen.

Auch wenn nicht alle Konflikte von Solos und nach Solo-Regeln ausgetragen werden, trägt die Solo-Ehre doch dazu bei, die schlimmsten Auswüchse zu verhindern. Sie bringt etwas Ordnung und Verantwortlichkeit in das Chaos.

Das Solsystem ist im Vergleich zu anderen Sonnensystemen in dieser Zeit noch gut dran.

http://jmp1.de/h3090

#Ritter #Ehre #Kultur #Krieg #Politik #Leute #Raumfahrt #Upgrades #Aliens #interplanetar

3110 Die Zersplitterung des äußeren Systems

Die Heimat der Menschen ist besetzt. Fremde aus verschiedenen Völkern haben das Solsystem unter sich aufgeteilt. Die Dellianer wurden zwar aus dem äußeren Sonnensystem verdrängt. Sie herrschen nur noch über das innere System. Aber dazu gehören Mars, Venus und Erde mit 97% der Bevölkerung. Im äußeren System leben dagegen nur 500 Millionen. Dort gibt es eine bunte Mischung von Völkern, Fraktionen und Regierungsformen.

Das äußere System ist groß. Neben den Monden der Gasriesen gibt es mehr als 100.000 transneptunische Objekte über 100 Kilometer Größe. Dort sind auch unzählige Kometen mit riesigen Wasservorräten. Weit draußen, jenseits der Neptunbahn, wo die Sonne nur noch der hellste Stern ist, gibt es hundert Mal mehr Lebensraum und Ressourcen als im inneren Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Die Objekte verteilen sich allerdings auf einen 10.000-fach größeren Raum. Das äußere System ist groß und leer.

Dort ist genügend Platz für eine ungeheure Vielfalt an Völkern und Kulturen. Und tatsächlich sind fast alle Völker der interstellaren Umgebung vertreten: neben den Menschen sind dort Dellianer, Allen, Lochnagar, Rog-Ozar, Leccianer, Erui-Fürstentümer, verschiedene Artu-Völker, Begun-Flüchtlinge, Kisori, Thoris-stämmige Sophonten, Marui, Kelaner, Chinti und vermutlich sogar Dilan-Wesen.

Die meisten Territorien und Habitate sind autokratisch organisiert mit einem starken Herrscher. Viele stehen weiterhin unter Fremdherrschaft, oft beherrscht durch ehemalige Söldner der Dellianer, die beim Abzug der Dellianer die Kontrolle übernahmen.

Einzelne Territorien und Habitate gehören auch wieder den Menschen. Aber wie in der menschlichen Geschichte üblich, sind nicht alle Regierungen der Menschen auch menschenfreundlich.

Das gleiche gilt für andere Völker. Auch unter extrasolaren Völkern gibt es biologische und kulturelle Unterschiede. Völker, die von außen betrachtet homogen Volk wirken, können aus gegensätzlichen Fraktionen bestehen. Manche Fraktionen haben sich zur herrschenden Klasse über die Kolonie eines anderen Volkes oder einer anderen Fraktion ihres eigenen Volkes aufgeschwungen. Einige Allen-Habitate werden von anderen, ihnen fremden, Allen beherrscht. Sie empfinden diese Fremdherrschaft nicht anders, als die Menschen im inneren System, die noch unter der Dellianer-Herrschaft leiden.

Unter den Extrasolaren, die nicht Söldner der der Dellianer waren, sind mehrere Erui-Kleinfürsten. Sie sind ehemalige Gefolgsleute des Gnumanti-Erui Fürsten Phem Taize, die als Vorhut seiner Streitmacht in das Solsystem kamen und Stützpunkte für die bevorstehende Invasion errichteten. Dabei brachten sie ihr ganzes Volk auf Wohnschiffen mit. Nach dem überraschenden Ende des Gnumanti-Fürsten kam es nie mehr zu einer vergleichbaren Machtkonzentration. Die Fürstentümer bewegten sich nicht mehr koordiniert. Eine Invasion des Solsystems war nicht mehr möglich. Trotzdem blieben die solaren Erui vor Ort, in der Hoffnung, dass es eines Tages wieder einen übergeordneten Gnumanti-Fürsten unter den Erui geben würde, der dann ihre Stützpunkte nutzen und sie belohnen würde. Die Hoffnung hat sich in 100 Jahren nicht erfüllt.

Es gibt viele Piraten, Gruppen und Fraktionen, die andere überfallen. Darunter sind Menschen, Angehörige von Hochkulturen und Neo-Barbaren. Es gibt auch Völker, für die Überfälle und Plünderungen nur als Nutzung verfügbarerer Ressourcen gelten. Ein exzentrischer Allen-Stamm versucht, andere Allen von Plünderungen abzuhalten, um das Zusammenleben verschiedener Völker im Solsystem zu verbessern. Die anderen Allen verstehen nicht, warum sie nehmen sollen, was sich andere abnehmen lassen. Kisorische Piraten machen interplanetaren Handel in den führenden Neptun-Trojanern sehr schwierig. Sie stammen von einer Kolonie ehemaliger kisorischer Söldner, den Nachkommen von Besatzungstruppen, die im 29. Jahrhundert Asyl bekamen und seit Jahrhunderten im Solsystem leben.

Ohne staatliche Strukturen gilt das Recht des Stärkeren. Alle brauchen Schutz. Ohne Schutz vor Piraterie gibt es keine dauerhafte wirtschaftliche Aktivität. Alle Fraktionen müssen deshalb einen großen Teil ihres Einkommens für Selbstschutz oder Schutz-Versicherungen bei den entsprechenden Dienstleistern aufbringen. Vor allem Ressource-Extraktion und industrielle Großanlagen sind davon betroffen. Der intrasolare Handel muss sich mit bewaffneten Begleitern schützen. Und zivile Habitate, die um ihre Ausstattung, wie Lebenserhaltung, Fabs und Vorräte fürchten, versichern sich gegen Überfälle.

Diese Versicherungen ersetzen aber nicht etwa den entstandenen Schaden. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Abschreckung. Die Versicherungsanbieter rächen die Opfer von Gewalt, indem sie die Täter jagen und bestrafen. Manchmal erzwingen sie auch eine Kompensation für den Schaden. Diese Strafzahlung unter Gewaltandrohung kann dann viel höher sein als der Schaden. Versicherungsvollstrecker nehmen von Tätern so viel wie sie bekommen können, wenn sie die Täter erwischen. In der Praxis folgt auf eine Plünderung eine Gegen-Plünderung. Beute, die über den Schaden hinausgeht und nicht ausgezahlt wird, gilt als Aufwandsentschädigung.

Die Grenzen zwischen Schutzgelderpressern und Sicherheitsdienstleistern sind fließend. Genauso gibt es nur graduelle Unterschiede zwischen Biochemie-Fabbern, Nahrungsmittellieferanten und Drogenkartellen.

Auf Titan gibt es eine Kolonie T’k’t‘ca. Die Methanatmer können sich auf Titan zwar nicht ohne Atemgerät im Freien aufhalten, aber Temperatur, Luftdruck und andere Umweltbedingungen passen zu ihrer Heimat. Die Kolonie war einst ein Handelsstützpunkt für eine T’k’t‘ca-Organisation. Nach dem Putsch der Leccianern waren sie als Söldner bei der Belagerung Kisors beteiligt. Seitdem sind sie in geringem Umfang als Sicherheitsdienstleister tätig. Diese spezielle T’k’t‘ca-Kultur hat einen Kodex, der sie zu einem der wenigen vertrauenswürdigen Sicherheitsanbietern macht. Die Kolonie ist aufgrund ihrer Lage weitgehend autark. Sie braucht wenige externe Ressourcen. Deshalb bietet sie leider keine langfristigen Schutz-Versicherungen an, sondern nur begrenzte Spezialeinsätze.

Auch isolierte Dellianer-Enklaven bestehen noch. Im Gaotao Zylinder-Gitter-Habitat-Cluster im Ganymed-Orbit leben 30.000 dellianische Frauen, Tripex (das dritte dellianische Geschlecht) und Kinder. Sie gehören zum Stamm des Mars-Beschützers. Sie sind seit 30 Jahren permanente Geiseln des neuen Ganymed Direktorats als Versicherung gegen Angriffe des inneren Systems auf Jupiter und seine Monde.

Einige interstellarer Kolonien der Menschheit unterhalten Stützpunkte im äußeren Solsystem. Manche haben nur Beobachtungsposten, die berichten sollten, was im alten Heimatsystems passiert. Andere haben sich zur interstellaren Reshumanis-Allianz zusammengeschlossen, um die lokalen Rebellen bei der Rückeroberung zu unterstützen.

Die Reshumanis-Allianz hat mehrere Operationsbasen. Einige sind befreite Territorien auf den Monden der Gasplaneten mit Zivilbevölkerung. Reshumanis unterstützt Habitate, die aktiv zur Rückeroberung beitragen. Darunter sind auch Organisationen anderer Völker, solange die Kooperation dem großen Ziel, der Rückeroberung, dient. Reshumanis betrachtet alle, die neutral bleiben wollen, als Feinde, auch menschliche Siedlungen. Neben den bekannten Reshumanis-Stützpunkten gibt es auch geheime vorgeschobenen Basen im Asteroidengürtel und sogar eine Enklave auf dem Erdmond.

Der Dellianer Satirax ist – mit einigen Unterbrechungen – seit 140 Jahren mit der Reshumanis-Allianz verbündet. Ursprünglich war er der Beschützer des ganzen Saturn-Systems. Sein Protektorat ist inzwischen im Wesentlichen auf die drei größten Saturnmode, nach Titan, zusammengeschrumpft. Im Lauf der Zeit musste Satirax Titan, Saturn und die kleineren Monde abtreten oder sie wurden von anderen Beschützern erobert. Trotzdem ist Satirax ein wichtiger Verbündeter der Menschen. Für ihn ist der aktuelle Machterhalt wichtiger, als die langfristige Möglichkeit, dass die Menschen das ganze Sonnensystem zurückgewinnen könnten und auch ihn dann vertreiben. Solange nur 3% der Menschheit befreit sind, ist diese Gefahr vernachlässigbar.

Einige Chinti-Schwärme leben auf transneptunischen Objekten im Exil. Die Schwärme sind seit der Zeit der streitenden Schwärme auf der Flucht vor dem siegreichen Schwarm. Seit dem Ende ihrer Bürgerkriege, 30 Jahre zuvor, gehören fast alle Chinti wieder zum siegreichen Schwarm. Mache Schwärme haben sich der Assimilation durch Flucht entzogen. Einige kleinere verstecken sich am Rand des Solsystems. Sie versuchen nicht aufzufallen. Aber die von der Reshumanis-Allianz ausgehende Dynamik der Rückeroberung erfasst auch Fraktionen, die sich lieber bedeckt gehalten hätten. Da die Allianz keine Neutralität akzeptiert, entscheiden sich die solaren Chinti, bei der Befreiung des Solsystems zu helfen. Der naheliegende Grund: nachdem die Dellianer das äußere System aufgegeben haben, bleibt Fraktionen im äußeren System keine andere Wahl, als sich Reshumanis anzuschließen. Aber einige Schwarmherzen spekulieren auch darauf, dass die Menschen sich in ihrem Heimatsystem langfristig durchsetzen. Sie hoffen auf Asyl und Schutz vor Assimilation, wenn die Menschen dann später den vereinigten Chinti Widerstand leisten. Bis dahin ist der Weg noch weit. Aber Chinti planen langfristig.

Auch einige Sol-basierte Artu-Clans sind mit Reshumanis verbündet. Die meisten sind in der Sicherheits-/Söldner-/Pirateriebranche tätig. Sie sind seit der Auseinandersetzung mit Kisor am Anfang des 30. Jahrhunderts im Solsystem präsent, erst als Söldner der Leccianer, dann für die dellianische Hierarchie, später als Freelancer und jetzt für die Reshumanis-Allianz.

Es gibt mehrere Habitate und Territorien mit Marui-Bevölkerung. Marui betreiben auch die letzten aktiven freien Bereiche des Sonnensystems in denen Menschen, Kisori und Marui sich ohne Schutzanzug unter einem offenen Himmel frei bewegen können. Schon sehr lange waren Marui als technische Dienstleister im Solsystem tätig. Die Beziehungen reichen zurück bis das frühe 27. Jahrhundert, als das Solsystem – interstellar gesehen – eine marginale Wirtschaft hatte und sich sogar Staaten kaum Dienste und Ausrüstung der Marui leisten konnten. Viele Marui sind spezialisiert auf den Betrieb von Hightech-Hochenergieanlagen, zum Beispiel Kraftwerke und fraktale Raumkrümmer. Später bekamen die Marui-Techniker Konkurrenz von solaren Firmenkonglomeraten, wie Xiao Chu. Trotzdem machten sie in der aufstrebenden solaren Wirtschaft während der Blütezeit im 28. und 29. Jahrhundert gute Geschäfte. Dann brach die Wirtschaft unter der dellianischen Besatzung zusammen. Viele Marui zogen weiter. Aber einige sind geblieben. Seit das äußere System abgetrennt wurde, haben die Betreiber von Hochenergieanlagen keinen Zugriff mehr auf die Dienstleister des inneren Systems. Marui haben deshalb ein gewisses Monopol im äußeren System. Die Marui genießen eine Sonderstellung. Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen bittet die Reshumanis-Allianz Marui-Organisationen fallweise um Hilfe. Marui lassen sich nicht zur Kooperation zwingen. Sie sind zu unabhängig, interstellar mobil und zu wichtig. Aber viele Marui sehen auch die langfristige Chance, dass die Menschen ihre Heimat zurückgewinnen, ihre Wirtschaft wiederaufbauen und schließlich wieder zu Großkunden werden. Deshalb engagieren sie sich immer öfter im Sinne der Rückeroberung, so als ob sie Verbündete der Reshumanis wären.

Ein 42 Kilometer großes transneptunisches Objekt unter der Bezeichnung 2012 HZ84 (516977) beherbergt möglicherweise eine Kolonie von Dilan-Wesen. Ein Indiz dafür ist die Beobachtung von schwarzen Quadern, der Hauptwaffe der Zivilisation im nahen Dilan-System. Im Lauf der letzten 200 Jahre sind einige Schiffe verschwunden, die die dynamische orbitale Umgebung von 516977 durchquerten. In einem Fall wurde ein Notsignal aufgefangen, das Sensordaten von den schwarzen Quadern enthielt. Vor etwa 80 Jahren gab es in 10 Millionen Kilometern Entfernung von 516977 in kurzer Folge einige nukleare Explosionen, die im inneren System wahrgenommen wurden. Man vermutet einen Kampf. Aber die genaueren Umstände sind nicht bekannt. Einige Daten dieses Ereignisses ähneln Signaturen, die man während des sogenannten Outer-System-Wipes im Jahr 2532 gemessen hat. Ob es sich wirklich um Dilan-Wesen handelt, ist unklar. Aber nach der Erfahrung von 2532 ist man vorsichtig geworden im Umgang mit Dilan-Wesen. Ein Bereich von 1 AU um 516977 gilt als Navigationsrisiko. Andere Völker meiden die Zone vorsichtshalber. Seit wann diese Dilan-Präsenz besteht, ist unbekannt. Vielleicht handelt es sich um eine ausgestoßene Dilan-Fraktion, vielleicht um eine natürliche langsame Ausbreitung. Möglicherweise wurde nach 2532 ein Stützpunkt als Beobachtungsposten angelegt, vielleicht aber auch schon früher. Die Dilan-Zivilisation ist uns zu fremd, um das zu beurteilen, und man kann sie auch nicht fragen. Es gibt keinen Kontakt.

Im Lauf der Jahrhunderte haben sich viele Gemeinschaften von Menschen in die Anonymität der Oortschen Wolke und in extreme transneptunische Objekte zurückgezogen. Sie suchen Sicherheit vor den existentiellen Bedrohungen interstellarer Zivilisationen. Diese Gemeinschaften sind Isolationisten oder Survivalisten. Die Bewegung begann schon im 23. Jahrhundert, als der innere Asteroidengürtel das Ziel dieser Survivalisten war. Später, im 27. Jahrhundert, als die Asteroiden intensiv genutzt wurden, orientierten sich Survivalisten noch weiter nach draußen. Sie bauten ihre Habitate auf (und in) Neptun-Trojanern, transneptunischen Objekten, in Edgeworth-Kuiper-Gürtel Objekten und abseits der Ekliptik in der sogenannten Scattered-Disc. Manche verstecken sich sogar noch weiter draußen in der Oortschen Wolke. Zur Zahl der Gemeinschaften von Survivalisten und Isolationisten gibt es nur Schätzungen. Es sind sicher mehrere Tausend, vielleicht sogar Zehntausende. Diese Fraktionen versuchen nicht entdeckt zu werden. Sie sind schon seit Jahrhunderten dort draußen und sie beteiligen sich nicht an der Politik. Sie helfen nicht bei der Rückeroberung des Heimatsystems.

#Zivilisation #Sonnensystem #Randbereich #interplanetar

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3191 Verlegung des solaren Protektorats nach Cobol.

Die Schwarmvölker können jederzeit wieder angreifen, ein anderes System oder nochmal Sol. Die Menschen müssen so schnell wie möglich eine wirksame Verteidigung aufbauen. Dafür brauchen sie eine funktionierende Wirtschaft. Aber nach dem Überraschungsangriff auf das Solsystem und der sogenannten Chinti-Katastrophe liegt die Infrastruktur des Solsystems in Trümmern. Drei Viertel der solaren Industrie sind zerstört. Das Solsystem muss erst wieder auf die Beine kommen.

Die Hauptlast der Verteidigungsanstrengungen liegt nun bei den Systemen der inneren Sphäre. Allen voran beim Cobol-System. Dort gibt es nicht nur einen bewohnbaren Planeten, sondern eine lebendige interplanetare Zivilisation.

Cobol hatte nur zu Beginn des Barbarensturms – kurz nach der Gründung der Föderation vor 500 Jahren – für einige Jahre eine Fremdherrschaft zu ertragen. Aber das ist sehr lange her. Später konnte Cobol, erst mithilfe des Solsystems, dann auch alleine, alle Angriffe abwehren. Seitdem hat sich die Cobol-Föderation gut entwickelt. Natürlich war auch Cobol vom allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang betroffen. Aber während die Erde und viele andere Menschenwelten von Barbaren beherrscht wurden, konnte die Cobol-Föderation in ihrem System zumindest den Techlevel einigermaßen halten.

Die Föderation organisiert die gemeinsame Verteidigung des Systems. Sie kann sich auf eine breite industrielle Basis stützen. Die interplanetare Wirtschaft von Cobol ist sogar doppelt so groß wie die des Solsystems (vor der Katastrophe). Cobol ist das Juwel der inneren Sphäre. Ein guter Standort für die gemeinsame Verteidigung der Menschenwelten.

Seit über 250 Jahren ist das sogenannte solare Protektorat die Regierung des Solsystems. Die meiste Zeit war das eine Fremdherrschaft. Verschiedene Barbarenvölker dominierten die Heimat der Menschen.

Aber seit der Rückeroberung wird das Solsystem wieder von Menschen regiert. Nach dem Aufstand übernahmen Rebellengruppen die Verwaltungsstrukturen der Besatzer. Der Begriff "Protektorat" blieb. Akari Inghana, eine Anführerin des Widerstands, nahm den Titel Protektor/Beschützer des Solsystems an. Sie demonstrierte damit Kontinuität, um die Ordnung zu wahren, und gleichzeitig – als erster Mensch mit diesem Titel – den Bruch mit der fremdbestimmten Vergangenheit. In einem überraschenden Coup wurde sie auch zur Präsidentin der sogenannten Reshumanis im Solsystem gewählt. In der Folge erhielt ihre Rebellenfraktion Zugriff auf die militärischen Mittel der interstellaren Reshumanis Allianz, die geholfen hatte, das Solsystem zu befreien.

Mit der Wiederherstellung der Ordnung um 3170 wurde das neue Protektorat der Menschen zur Regierung des Solsystems und Inghana zur Präsidentin des weitgehend geeinten Systems. Die Menschen machen sich an den Wiederaufbau.

Dann kam die Chinti-Katastrophe und die Prioritäten änderten sich. Inghana erkannte, dass sich die Zukunft der ganzen Menschheit im Konflikt mit den Chinti-Schwärmen entscheiden würde.

Die Menschheit ist noch nicht bereit. Aber die Zeit drängt. Inghana beschließt, dem Solsystem den Rücken zu kehren, um mithilfe einer stärkeren industriellen Basis die Verteidigung zu organisieren. Dafür bietet sich das Cobol-System an. Es ist relativ nahe, außenpolitisch geeint, und es hat eine leistungsfähige interplanetare Wirtschaft.

Inghana geht nicht alleine nach Cobol. Sie tritt nicht zurück, um eine neue Aufgabe zu übernehmen, sondern sie verlegt offiziell das solare Protektorat dorthin. Die Verwaltung des Solsystems bleibt unverändert. Die Ministerien sind weiterhin im Solsystem. Nur das Kabinett tagt jetzt auf Cobol, statt auf der Erde. Sie beabsichtigt,

- mithilfe ihres Titels "Präsidentin der Reshumanis (Sol)", auf die Mittel der interstellaren Reshumanis-Allianz bei Cobol Anspruch zu erheben,

- als offizielle Regierung des Solsystems den Zugriff auf militärische Ressourcen des Solsystems zu behalten,

- die Bevölkerung von Cobol von der neuen Rolle Cobols bei der Verteidigung der gesamten Menschheit zu überzeugen,

- Das Solsytem für einige Jahre aus dem Fokus zu nehmen, damit die Infrastruktur wiederaufgebaut werden kann,

- langfristig auch den Titel Protektor (oder Beschützer) von Sol (oder der Menschheit) bei Cobol (und darüber hinaus) zu etablieren, weil sie davon überzeugt ist, dass die interstellare Menschheit sich organisieren muss, um gegen die Chinti-Schwärme zu bestehen.

Der Umzug des solaren Protektorats ist auch ein Signal an die anderen Systeme der Menschen. Sol dominiert nun nicht mehr die menschliche Sphäre. Der Umzug ist das äußere Zeichen, dass auch die Regierung des Solsystems dies akzeptiert. Gleichzeitig ist er ein Aufruf an die anderen Menschenwelten, aus dem Schatten zu treten und für die menschliche Sphäre Verantwortung zu übernehmen.

Der Umzug ist riskant. Das solare Protektorat hat bei Cobol keine Machtbasis und kein Einkommen. Cobol wird außenpolitisch repräsentiert durch eine selbstbewusste Föderation. Viele Territorien und Habitat-Cluster sind weitgehend autonom. Niemand will sich nun Abgesandten von Sol unterordnen. Aber die Cobol-Föderation erklärt sich bereit, die Exilregierung des Solsystems zu unterstützen.

Cobol war schon während der Rückeroberung des Solsystems das Hauptquartier der interstellaren Reshumanis-Allianz. Formal hat sich daran nichts geändert. Die interstellaren Reshumanis wurde nicht aufgelöst, obwohl sie ihren Zweck, die Rückeroberung des Solsystems, erfüllt hat.

Vor 20 Jahren übernahm dann das solare Protektorat die Reshumanis-Infrastruktur im Solsystem. Darauf gründet sich der Anspruch, dass die Präsidentin von Reshumanis/Sol auch für die interstellare Reshumanis-Allianz zuständig ist. Dieser Anspruch wurde außerhalb des Solsystems nie anerkannt. Aber die Cobol-Föderation lässt Präsidentin Inghana gewähren. Die Föderation erlaubt Inghana, die Aktiva der interstellaren Reshumanis im Cobol-System zu übernehmen. Damit bekommt das solare Protektorat Zugriff auf wichtige Ressourcen, darunter Finanzmittel, Immobilien und einige Schiffe. Das kommt einer inoffiziellen Anerkennung der solaren Reshumanis als Rechtsnachfolgerin der interstellaren Reshumanis gleich.

Die Reshumanis-Allianz bekommt ihre dritte große Aufgabe. Ursprünglich war sie als Verteidigungsbündnis gegen die Kisor-Zwillinge gegründet worden. Später wurde sie reaktiviert als führende Organisation zur Rückeroberung des Solsystems. Jetzt koordiniert sie den Krieg gegen die Schwarmvölker.

Seit der Wiedervereinigung der Chinti-Schwärme expandieren die Insekten. Die Schwärme sind die größte monolithische Militärmacht der Region. Es gibt natürlich noch viele andere Machtbereiche, starke Sonnensysteme oder bedeutende Systemfraktionen vieler Völker. Aber jede einzelne ist viel kleiner als die Chinti. Die interstellare Nachbarschaft der Chinti ist zersplittert. Das ist eine Spätfolge des Rückzugs des Interianischen Imperiums und des darauffolgenden Barbarensturms. Das Imperium hatte die Chinti lange in Schach gehalten. Das ist vorbei.

Die ehemaligen Mitgliedsvölker des Imperiums sind auf sich selbst gestellt. Sie sind so heterogen, dass keine Chance auf ein gemeinsames Vorgehen besteht. Verschiedene Denkweisen, Mentalitäten, Biologie und sogar verschiedene Arten von Intelligenz machen weitreichende Zusammenarbeit, wie zum Beispiel ein gemeinsames Oberkommando, unmöglich.

Auch die menschliche Sphäre ist fragmentiert. Sie besteht aus vielen Einzelsystemen verteilt über 2.000 Lichtjahre in alle Richtungen. Viele von Menschen besiedelten Systeme sind so weit weg, das für sie die Chinti noch keine Bedrohung sind. Ein Großteil ist nicht einmal politisch geeint. Das ist eigentlich nicht überraschend. Siedlungen und Kolonien werden meistens von einzelnen Fraktionen gegründet. Sonnensysteme bieten viel Platz für unabhängige Siedlungen und Habitate. Es gab nie eine koordinierte Kolonisation ausgehend von der Staatsmacht des Solsystems. Stattdessen sind unzählige Unabhängige ausgewandert. Sonnensysteme sind so groß, dass sich auch tausende neue Siedlungen nicht ins Gehege kommen.

In manchen Systemen fand trotzdem im Lauf der Zeit ein Einigungsprozess statt. So zum Beispiel die Cobol-Föderation. Sie wurde schon 89 Jahre nach der zweiten Kolonie gegründet und trotz einiger Wirren hat sie immer noch Bestand. Vermutlich war dabei ein wichtiger Faktor, dass die Territorien weitgehend Autonomie genießen. Die Föderation ist eigentlich nur für die Systemverteidigung zuständig. Diese Aufgabe hat sie bisher sehr gut gemeistert. Die Föderation darf dafür erhebliche Mittel von den Mitgliedern erheben, in Krisenzeiten bis zu 4% des Sozialprodukts. Damit wurde die klassische Vierkomponenten-Systemverteidigung aufgebaut: ein systemweiter Ballistik-Schild, Tiefraumsperren, verteilte Raketenbasen und bewegliche Abfanggeschwader. Was Cobol nicht hat, ist eine interstellar wirksame Offensivkapazität.

Die militärische Führung der Föderation ist sich bewusst, dass das Chinti-Problem nicht alleine durch Verteidigung bewältigt werden kann. Die Chinti haben leider kein Konzept für Neutralität. Man muss ihnen aktiv entgegentreten. Aber die Föderationsverfassung ist dafür nicht ausgelegt. Und es gibt starke Kräfte, die verhindern wollen, dass die Föderation mehr Macht bekommt. Sie befürchten, dass die Föderation mit einer Ausweitung von Finanzen und Verantwortung doch einmal zu einem starken Staat werden könnte, der ihre Autonomie bedroht.

Anders die Reshumanis-Allianz. Ihr Auftrag war von Anfang an die interstellare Kriegsführung. Sie ist seit der erfolgreichen Rückeroberung des Solsystems bedeutungslos und steht nicht im Verdacht, die Macht an sich reißen zu wollen. Die Cobol-Föderation kann nicht selbst interstellar aktiv werden, aber sie kann die Reshumanis-Allianz unterstützen.

Anfangs ist die Unterstützung eher passiv. Zuerst toleriert sie die Übernahme der Reshumanis-Aktiva durch das solare Protektorat unter Präsidentin Inghana. Die Föderation bleibt neutral, als Reshumanis-Kräfte beginnen Chinti anzugreifen. Das ist nicht unumstritten, denn die Aktionen könnten eine Reaktion der Chinti gegen Cobol auslösen. Aber die Föderation lässt Reshumanis gewähren. Man verlässt sich darauf, dass das Cobol-System gut geschützt ist. Immerhin hat Cobol, im Gegensatz zu Sol, eine einsatzbereite Systemverteidigung

Die ersten Aktionen sind nur Nadelstiche gegen einen übermächtigen Gegner. Aber im Lauf der Zeit werden die Operationen mit der wachsenden Unterstützung der Cobol-Föderation immer größer. Die Föderation hilft erst mit Daten bei der Fernaufklärung. Dann stellt sie Aufklärungsschiffe und Personal zur Verfügung. Es gibt "gemeinsame" Manöver bei denen fast nur Föderationskräfte teilnehmen, die aber unter dem Kommando der Reshumanis stehen. Manche Einheiten bleiben monatelang als "Vorbereitung und Nachbereitung von Manövern" abgeordnet.

Reshumanis schafft im Lauf der Zeit Strukturen, Stützpunkte und Kampfeinheiten, die mangels eigener Mittel nicht ausgefüllt werden können. Die Föderation stellt "leihweise" Material und Personal zur Verfügung, um die "Lücken" zu füllen. Irgendwann umfasst die Materialhilfe auch Kampfeinheiten. Dafür werden aus dem Verteidigungsbudget sogar neue interstellar überlichtfähige Einheiten beschafft. Offiziell gekauft von Reshumanis, aber aus Föderationsmitteln finanziert. Das beginnt mit einem Geschwader leichter Kreuzer und Unterstützungseinheiten für Langstreckenmissionen.

Bei Kampfhandlungen gibt es Verluste, aber auch erste große Erfolge. Das gibt der Föderation Vertrauen in die Reshumanis-Führung. Die Föderation ersetzt die Verluste, teilweise durch größeren Einheiten. Inzwischen ist der Expansionsdruck der Chinti weiter gestiegen. Auch in Richtung der menschlichen Sphäre sind einige Systeme übernommen worden, mit fatalen Konsequenzen für die Bevölkerung.

Akari Inghana kommandiert selbst Missionen gegen die Chinti. Das solare Protektorat bei Cobol, geführt von Präsidentin Inghana, unter der Flagge der Reshumanis und unterstützt durch die Cobol-Föderation, ist die einzige Organisation, die erfolgreich interstellar gegen die Ausbreitung der Chinti vorgeht. Der Exekutivrat der interstellaren Reshumanis-Allianz wählt schließlich Inghana zur Präsidentin. Die solare Exilregierung übernimmt damit auch formal die Leitung der interstellaren Allianz. Die Bedingung der Cobol-Föderation für diese Anerkennung ist, dass dies von Cobol aus geschieht. Cobol wird das Zentrum der menschlichen Sphäre für die gemeinsame Verteidigung. Das ist, wie wir heute wissen, die Keimzelle des späteren Imperiums.

Die Föderation kann nun Reshumanis offiziell unterstützen. Ein neuer Kampfverband der Föderation, bestehend aus einigen Langstrecken-Trägern und Begleitschiffen, wird der Reshumanis unterstellt. Der Kampfverband wurde geplant und umgesetzt als "Maßnahme zur Optimierung der Systemverteidigung, um moderne Konzepte der interstellaren Kriegsführung nicht nur theoretisch zu studieren, weil in der langen Zeit seit den letzten praktischen Erfahrungen neue Technologien und Strategien entwickelt wurden, die sich auf die Verteidigungsdoktrin auswirken". Eine schöne Umschreibung für die Tatsache, dass die Föderation entgegen ihre Verfassung interstellar wirksame Kräfte aufbaut. Tatsächlich ist der Verband vollständig offensiv einsatzfähig. Es ist die erste interstellare Kampfgruppe Cobols und der Reshumanis-Allianz.

Einige Jahre – und einige ernsthafte Auseinandersetzungen mit Chinti-Kräften später – werden alle mobilen Streitkräfte Cobols der Reshumanis unterstellt. Auch viele andere Systeme und Fraktionen beteiligen sich an gemeinsamen Aktionen. Im Jahr 3214, 23 Jahre nach der Verlegung des solaren Protektorats nach Cobol, erhält das Reshumanis-Oberkommando dauerhaft Zugriff auf die Offensivkräfte aller Mitglieder der Allianz. Und die Mittel sind deutlich gewachsen. Cobol stellt inzwischen mehrere Trägergruppen der Reshumanis-Flotte. Angriffsfähigkeiten beanspruchen schon die Hälfte der Föderationsmittel. Andere Systeme der inneren Sphäre sind noch dabei, ihre Defensive aufzubauen. Aber auch sie stellen Offensivkräfte. Die Menschen beginnen der Chinti-Bedrohung ernsthaft entgegenzutreten.

Es ist ein langer Weg für Akari Inghana. Von der Widerstandskämpferin der Sol-Reconquista zur Präsidentin des solaren Protektorats, und dann vom Umzug nach Cobol mit einem kleinen Geschwader leichter Schiffe bis zum Oberkommando über die Offensivflotten der menschlichen Sphäre.

#Politik #Verteidigung #Riskio #Neuanfang

http://jmp1.de/h3191

3050 Gründung der königlichen Garde von Marduk

Die Garde besteht aus ca. 150 schweren Kreuzern, die jeweils von nur einer Person geflogen werden. Die Schiffe sind hochautomatisiert. Sie werden von den Piloten oder deren Familien selbst ​finanziert.

Die Mitgliedschaft bei den Solo-Fliegern ist eine Ehre. Sie ist für wohlhabende Familien, die nicht zur ersten Siedlerwelle gehören, eine Möglichkeit, in den (niederen) Adel aufzusteigen. Die "Verpflichtung als Solo" ist gleichzusetzen mit einem Ritterschlag.

Vor etwa 200 Jahren begann der sogenannte Barbarensturm. Damals fielen moderne Waffen in die Hände von archaischen Gesellschaften und Völkern mit anderen Moralsystemen. Die meisten hätten wohl nicht von selbst so hochstehende Technologie entwickelt und wären nie zu einer Gefahr für die interstellare Zivilisation geworden. Aber mit dem Zugriff auf schnelle Raumschiffe und automatische Waffensysteme wurden ihre Ethik, ihre Sitten und Handlungsweisen, interstellar wirksam. Das hatte fatale Folgen für die Hochzivilisationen der Umgebung.

Der wesentliche Auslöser für diese Entwicklung war der Rückzug des Interianischen Imperiums. Das Imperium kontaktierte viele Völker und versuchte sie in die interstellare Gesellschaft einzubinden. Beim plötzlichen Ende des Imperiums war der Prozess nicht abgeschlossen. Viele kontaktierte, aber noch nicht zivilisierte Völker, wurden sich selbst überlassen. Das Imperium gab damals Flottenstützpunkte an der Grenze auf, und einige Völker übernahmen die zugehörigen Depots. Dort fanden sie sehr moderne automatische Waffensysteme.

Gefördert wurde die Entwicklung vom gormanischen Bürgerkrieg, bei dem viele Fraktionen Söldner von ihren Heimatplaneten mit modernen Waffen ausstatteten.

Auch Hochzivilisationen trugen dazu bei, dass moderne Waffen in die falschen Hände fielen. Als die Handelsrouten unsicher wurden, heuerte sogar das Solsystem Söldner zum Schutz der Geleitzüge an.

Söldner, die Frachter beschützen, können später auch Handelsrouten angreifen. Das passierte damals immer wieder.

Dann wurden die ersten überraschten Hochzivilisationen von Barbaren angegriffen und manche konnten sich nicht verteidigen. Handelspartner fielen aus, interstellare Verbindungen wurden teuer und die äußeren Systeme waren unsicher. Nach 50 Jahren befanden sich die interstellar vernetzten Gesellschaften des Sektors in einer tiefen Wirtschaftskrise. Einige hatten schon zeitweise unter einer Fremdherrschaft zu leiden, andere versuchten aufzurüsten. Das war schwierig in einer Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs.

Mit einer modernen quartären Systemverteidigung, aus Ballistik-Schild, Tiefraumsperren, Minen und mobilen Einheiten, kann man Systeme sogar gegen massive Angriffe befestigen. Das ist selbst für wohlhabende Systeme eine teure und jahrzehntelange Anstrengung. Deshalb rüsteten die meisten Systeme nur mobile Kräfte aus. Das war ausreichend gegen Überfälle durch moderne Barbaren, meistens jedenfalls.

Weitere 100 Jahre später hatte sich die Situation so weit verschlechtert, dass viele Völker, Sonnensysteme und Territorialsouveränitäten sogar Probleme hatten, genügend Mittel für eine ständig einsatzbereite Verteidigungsflotte aufzubringen. Als Notlösung wurden deshalb im Krisenfall zivile Schiffe aufgerüstet. Auch bewaffnete Handelsschiffe wurden zur Verteidigung herangezogen. Die Handelsschiffe hatten sich sowieso bewaffnet, um Piraten abzuwehren, seit die Handelswege unsicher wurden.

Moderne Waffensysteme von interstellaren Hochzivilisationen haben ein gewaltiges Zerstörungspotential. Ein einziger leichter interianischer Kreuzer könnte einen ganzen Planeten unbewohnbar machen. Solche Waffen waren nun in den falschen Händen und dagegen versuchten sich Handelsschiffe zu wappnen. Deshalb war die Standardbewaffnung von Handelsschiffen in diesen schwierigen Zeiten nicht zu vernachlässigen. Sie leistete oft einen wesentlichen Beitrag zur Systemverteidigung. Die typische Verteidigungsflotte setzte sich zusammen aus eilig mit Lenkwaffenstartern ausgerüsteten Frachtern, bewaffneten Händlern und Einheiten der ordentlichen Marine.

Seit etwa 100 Jahren werden zusätzlich auch wohlhabende Privatleute und Konzerne zum Verteidigungsdienst herangezogen. Selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gibt es sehr reiche Individuen (zumindest bei Völkern, die das Konzept des Individuums kennen). Einige profitieren von der Verknappung von Ressourcen durch die problematische Handelssituation, andere profitieren von ihrer Nähe zu den lokalen Regierungen. Viele der Superreichen haben eigene Raumschiffe.

In guten Zeiten gibt es in interstellaren Gesellschaften märchenhafte Reichtümer, tausend Mal größer, als die Vermögen von Milliardären in planetengebundenen Regionalökonomien 1000 Jahre zuvor. Auch in schlechten Zeiten reicht es für eigene Raumschiffe, eine Yacht oder einen Interstellar-Jet, mit Waffen, die sich zumindest gegen Piraten zur Wehr setzen können. Und auch in Hochzivilisationen gibt es private Söldner, die davon leben, andere zu beschützen, und dafür in gut ausgerüsteten Schiffen unterwegs sind.

Diese Schiffe sind weitgehend automatisiert. Praktisch alle Funktionen des Raumschiffbetriebs werden von Drohnen, Mikrobots und KIs ausgefüllt. Das beginnt bei Nanotech- oder Biotech-basierten Putzkolonnenschwärmen und geht über Reparaturdrohnen bis hoch zu Managementfunktionen, die sonst durch Offiziere besetzt werden. Meistens haben diese Schiffe nur eine kleine Besatzung, oft sogar nur eine Person: den/die Eigentümerin.

Viele fliegen solo. Nur der Kapitän ist ein Sophont, ein Mensch, im originalen Bio-Körper, als Android oder sogar als Infosophont in die Schiffsysteme geladen. Alle anderen sind unbewusste KIs.

Man nennt sie Solos. Ein Mensch und sein Raumschiff.

Solos sind eine Elite. Sie sind genetisch optimiert und mit Nanotechnik aufgerüstet. Sie haben mehrere parallele Denkprozesse, beschleunigte Verarbeitung und unbegrenztes Erinnerungsvermögen. Ihre geistigen Fähigkeiten werden verstärkt durch spezialisierte Intuitionsquellen: Assoziationsbooster, Strategiesimulationen und taktische Optimierer, deren Ergebnisse durch Implantate in das Bewusstsein eingeblendet werden. Sie sind in der Lage, die vielen Ereignisse bei Auseinandersetzungen im Raum mit zigtausend Teilnehmern in mehreren Sensordimensionen zu erfassen und schnell die beste Handlungsweise abzuleiten. Sie stehen den beschleunigten Upload-Besatzungen von Offensivdrohnen in nichts nach.

Es gibt natürlich immer Ausnahmen, zum Beispiel reiche Erben, die sich ein Schiff leisten, um Solo zu werden. Aber auch diese Leute können Fähigkeitslücken schließen, wenn sie eine kleine Crew anheuern. Nicht alle Solos fliegen wirklich alleine. Manche haben Piloten, Taktiker, strategische Berater, soziale Gefährten oder eine "Nachtschicht", die das Kommando hat, während der Solo schläft, auch wenn das nur zwei Stunden am Tag sind.

Nicht nur die Fähigkeiten sind wichtig, sondern auch das Training. Gute Solos trainieren ständig für Krisensituationen. Sie simulieren Kämpfe gegen KI-Gegner und gegen andere Solos. Das Cockpit eines Solo-Schiffs wird vollständig von Sensoren gespeist. Es ist der perfekte Simulator für taktische Spiele.

Training für den Ernstfall nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Solo zu sein ist teuer und zeitaufwändig. Bei den meisten Solos liegt dem Reichtum ein Geschäftsimperium zugrunde. Und auch geerbter Reichtum muss verwaltet werden, umso mehr, wenn der Reichtum auf aktiven Geschäften basiert. Aber dafür bleibt eigentlich keine Zeit. Deshalb delegieren die meisten Solos die Verwaltung ihrer Unternehmen, um ihre ganze Zeit dem Training widmen zu können.

Überall in der menschlichen Sphäre gibt es Solos. In manchen Systemen nur wenige, woanders tausende. Dort stellen Solos neben bewaffneten Handelsschiffen, aufgerüsteten Frachtern und der regulären Marine das vierte Standbein.

Solos tragen nicht die Hauptlast einer Schlacht. Dafür gibt es die schwer bewaffneten Nahkampfplattformen, die Schlachtschiffe der Moderne. Die Schiffe der Solos sind eher in der Größenordnung von Fregatten und leichten Kreuzern. Sie sind sehr mobil und auch bei interplanetaren Distanzen und entsprechenden Lichtverzögerungen selbständig handlungsfähig. Deshalb werden sie oft als Scouts eingesetzt, bei Kommandoaktionen oder in größeren Verbänden als schnelle Eingreiftruppe für überraschende taktische Vorstöße.

Solos sind inzwischen so wichtig für die Systemverteidigung, dass lokale Regierungen ihre Verfügbarkeit für den Krisenfall sicherstellen müssen. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass die Solos des Systems freiwillig zur Verteidigung beitragen. Deshalb werden wohlhabende Personen verpflichtet, Solos zu stellen und auszurüsten.

Anfangs war das für viele eine große Last. Nicht alle der Superreichen fliegen eigene Raumschiffe. Und die notwendige Bewaffnung geht weit über das hinaus, was man zur einfachen Abschreckung von Piraten brauchen würde, nicht nur bezogen auf die Kapazität, sondern auch bei den Kosten. In der Praxis müssen alle, die es sich leisten können, alleine ein Kriegsschiff finanzieren. Auf der anderen Seite ist die Mitgliedschaft bei der Solo-Komponente der Systemverteidigung etwas Besonderes. Im Vergleich zur regulären Marine mit hunderttausenden oder Millionen Soldaten, ob Bios oder Infosophonten, sind tausend oder zehntausend Solos eine Elite-Einheit. So werden sie auch behandelt.

Es ist nie leicht, Superreiche zum Dienst zu verpflichten. Große Vermögen bieten immer Möglichkeiten, sich dem Dienst für das Heimatsystem zu entziehen. Deshalb versuchen Territorialsouveränitäten, die Aufgabe attraktiver zu machen, indem sie Solos auszeichnen und bevorzugen. Das funktioniert besonders gut in feudalen Strukturen.

Auf Marduk ist das Präsidentenamt inzwischen erblich und der Begriff Präsident wird verwendet wie früher ein Königstitel. Die Republik Marduk hat ein Parlament, das von Konzernen und wohlhabenden Familien dominiert wird. Sie nennen sich Abgeordnete, aber sie werden in sicheren Wahlkreisen lebenslang gewählt. Die Bedeutung der Begriffe hat sich verschoben. Man spricht immer noch von Präsident und Parlament, aber die wahre Bedeutung und die Wahrnehmung sind eher König oder Kaiser und Senat. Die Verpflichtung als Solo ist gleichbedeutend mit einem Ritterschlag.

Keine Familie kommt in das Parlament, ohne einen Solo zu stellen. Im Parlament sitzen Vertreter der ersten Siedler, deren Familien einen Großteil der Gebietsrechte im Marduk-Sonnensystem besitzen. Dabei handelt es sich um planetare Territorien in der Größenordnung von Kontinenten, aber auch um Eigentum an Orbitalringen, Orbitalraum, Asteroidenschürfrechten, Extraktionsrechten bei den Gasriesen und systemweite Rechte am elektromagnetischen Spektrum.

Im Parlament sitzt auch der "Geldadel", Familien, die später kamen, aber große Vermögen angehäuft haben. Dort werden die großen Geschäfte eingeleitet. Man kann wohlhabend sein, aber das wahre Geschäft – und dazu gehören die Staatsfinanzen – teilen die Abgeordneten unter sich auf. Da die Abgeordnetenzahl begrenzt ist, ist es nicht einfach, in das Parlament "gewählt" zu werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass man zur Solo-Komponente der Systemverteidigung beiträgt. Und so sind die "Mitglieder der Solo-Komponente der Republik Marduk" eigentlich die modernen Ritter des Königs, deren Familien auch die Senatoren stellen.

Eine ganz besondere Ehre ist die Verpflichtung als Solo für die präsidiale Schutzflotte. Das sind die 144 besten und am besten ausgerüsteten Solos. Es ist praktisch die moderne Prätorianergarde: 144 schwere Kreuzer zum Schutz des Präsidenten.

Nicht nur auf Marduk, auch in vielen anderen Systemen, gibt es ähnliche Entwicklungen. Der Begriff Solo steht für Zuverlässigkeit, Kompetenz, Mut, Unabhängigkeit und natürlich für märchenhaften Reichtum.

In einer Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs und der Renaissance feudaler Strukturen sind Solos das Ideal für viele Milliarden Sophonten, die sich ein besseres Leben wünschen.

#Solo #Raumschiff #Ritter #Garde #Prätorianer

http://jmp1.de/h3050

Galactic Developments Buchmesse Con 2018

Galactic Developments wird mit einem Stand und einer Lesung auf dem Buchmesse Con 2018 bei Frankfurt vertreten sein.

Seit 33 Jahren das zentrale Treffen der deutschsprachigen literarischen Phantastik-Szene. DIE deutsche SciFi-Buchmesse. Standplatz ist immer sehr knapp. Sehr cool.

Samstag, 13.10.2018
Bürgerhaus Sprendlingen, 63303 Dreieich-Sprendlingen
https://www.buchmessecon.de/

Lesung:
Samstag, 13.10., 18 Uhr, Raum Holodeck (C2)
https://www.buchmessecon.de/index.php/programm/12-programm-2018/273-galactic-developments

Alle Teilnehmer des Buchmesse Con bekommen eine Tasche mit Promo-Material.
Mein Beitrag: der brandneue Galactic Developments Flyer im Blueprint-Design:


Für den Galactic Developments Stand auf dem BuchmesseCon 2018 gibt es ein "RollUp" oder Standposter. Damit es nicht nur ein Ausstellungstisch ist, sondern auch was dahinter, haben wir ein 2 Meter hohes RollUp gemacht. Eine Collage aus den Cover-Bildern der besten Stories:


Und natürlich wird das 2000+ Teile Lego Modell der Marco Polo dabei sein:




3291 Die Nachricht vom Ende der Mansalu erreicht die Erde

Die Nachricht ist Teil eines der regelmäßigen Mercato-Infopakete, die solare Nachrichtenagenturen abonniert haben. Deshalb wird sie als vertrauenswürdig angesehen. Mercatos geben Nachrichten von Sippe zu Sippe weiter, wenn sich Sippenschiffen im gleichen Sonnensystem befinden. Jedes Schiff nimmt neue Nachrichten auf, lässt dafür ältere entfallen und sendet beim nächsten Zusammentreffen das ganze Infopaket. Auf diese Weise verbreiten sich Nachrichten immer weiter, bis sie durch Neuere ersetzt werden. Die Verbreitung ist ungerichtet. Sie gleicht einem Diffusionsprozess. Manchmal überbrücken einzelne Nachrichten auf diese Weise tausende von Lichtjahren. Es wurden sogar schon bis zu 30.000 Lichtjahre beobachtet.

Die Daten sind verschlüsselt. Nur Mercatos haben Zugriff darauf. Andere Völker erfahren davon nur, wenn sie Infopakete empfangen dürfen. In manchen Gegenden gibt es einen freiwilligen öffentlichen Infodump. Im Bereich, der das Solsystem einschließt, lassen sich Sippenschiffe die Informationen bezahlen. Einige Nachrichtenagenturen des Solsystems haben Info-Streams abonniert. Im Solsystem ist das so geregelt, dass die Abonnenten die üblichen Tauschgeschäfte von Mercatos mit lokalen Handelspartner subventionieren. Die Nachrichtenagenturen zahlen in einen Fonds ein, der bei Geschäften der Mercatos einen Teil der Tauschwaren durch lokale Währung ersetzt. Damit kaufen die Mercators effektiv günstiger ein. Das System ist überall verschieden. Trotzdem scheinen auch Sippenschiffe, die noch nie im Solsystem waren, genau zu wissen, wie das Geschäft Information gegen Subvention der Tauschwaren abläuft. Man vermutet, dass Mercatos in allen Sonnensystemen Info-Bojen haben, die sie mit den notwendigen Informationen über die lokalen Verhältnisse versorgen.

Die Infopakete sind unsortiert und nicht kategorisiert. Es gibt keine Ordnung nach Quelle oder Zeitangaben. Aber das lässt sich alles automatisch auf Kundenseite erzeugen. Mercatos achten peinlich genau darauf, möglichst wenig Informationen über sich selbst preiszugeben. Kategorien wären Informationen, nicht nur zu den kategorisierten Daten, sondern auch über denjenigen, der die Kategorien erstellt hat. Aus dem gleichen Grund sind die Nachrichten in Mercato-Symbolcode und nicht in die lokale Sprache übersetzt. Sie wollen vermeiden, dass man durch statistische Analysen übersetzter Texte Muster erkennt, die Rückschlüsse auf Denkweise oder Kultur der Mercatos zulassen. Koordinatenangaben beziehen sich auf den Ort des Senders und seine Orientierung zur lokalen Sonne. Zeitangaben sind relativ zum Sendezeitpunkt in Vielfachen der Schwingungsdauer der 21-Zentimeter Wasserstoff Linie, einer universellen Konstante. Bei jedem Sendevorgang, zwischen Sippenschiffen und zu anderen Völkern, werden Orte und Zeiten umgerechnet.

Bei den Nachrichtenagenturen filtern Bots durch die riesige Datenmenge. Fast alle Informationen sind an ihrer Quelle öffentlich verfügbar. Die Dienstleistung des Mercato-Infonetzwerks besteht vor allem im Transport, nicht darin geheime Daten zu beschaffen. Es handelt sich um Nachrichten aus Wirtschaft, Kultur, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Die meisten Daten sind wertlos. Es sind Details zu Individuen oder Organisationen, oft hunderte Lichtjahre entfernt. Aber manchmal sind nützliche Informationen dabei, wie zum Beispiel Börsenkurse von Gütern bei wichtigen Handelspartnern. Von solchen Nachrichten kann man wirtschaftlich profitieren.

Die Nachricht vom das Ende der Mansalu kommt aus 2500 Lichtjahren Entfernung. Sie ist ein Schock. Das Solsystem ist zwar nicht direkt betroffen, aber Mansalu ist/war gewissermaßen das Ideal einer Super-Zivilisation, die "glänzende Stadt auf dem Hügel". Mansalu ist unsere lokale Super-Zivilisation und man kann sich nicht vorstellen, dass sie einfach enden kann. Die Nachricht ist sehr kurz. Es ist eine der kürzesten, die es je gegeben hat. Sie lautet etwa: "Mansalu ist weg". Es gibt keine Details zu den Umständen. Nur die Tatsache, dass das Volk der Mansalu oder ihre Zivilisation nicht mehr da ist. Und da es sich um einen Mercato-Infodump handelt, glaubt man im Solsystem, dass es auch so stimmt wie angegeben. Manche Kommentatoren geben zu bedenken, dass die Formulierung auch andere Möglichkeiten offenlässt. Das Ende der Mansalu Herrschaft muss nicht gleichzeitig das Ende des Volkes oder des Machtbereichs bedeuten. Aber spektakuläre Interpretationen dominieren die öffentliche Meinung. Die Nachricht ist für einige Tage das beherrschende Thema im ganzen Solsystem.

Alle Informationen, die den Menschen verfügbar sind werden noch einmal zusammengetragen. Der erste Kontakt war vor über 600 Jahren, in der frühen Zeit der interstellaren Forschung. Eine private Expedition machte sich auf die Suche nach dem in vielen Quellen erwähnten Mansalu-Komplex. Damals konnte solare Technik nur Raumschiffe mit zehnfacher Lichtgeschwindigkeit herstellen. So wäre der Mansalu-Komplex eigentlich unerreichbar gewesen. Aber in der Folge der massiven technischen Hilfe durch Kisor standen auch moderne kisorische Triebwerke zur Verfügung. Solche Triebwerke wurden in Schiffe aus solarer Produktion eingebaut. Trotzdem war die Expedition mehr als ein Jahr unterwegs.

Die Expedition findet den Mansalu-Komplex. Es ist ein erschlossener Raum von 10.000 Kubik-Lichtjahren. Der Komplex umfasst mehrere Sonnensysteme und unzählige Strukturen im Leerraum dazwischen. Er hat eine riesige Bevölkerung, 1000-mal größer als die des damaligen Solsystems, das sich selbst schon für hochentwickelt hält, mit zig-Milliarden Menschen auf der Erde und einer halben Milliarde interplanetar. Aber der Mansalu-Komplex ist viel größer, gewaltiger und phantastischer. Alle angeschlossenen Sonnensysteme und Zentren im interstellaren Raum sind voll vernetzt mit Info-Relaistrecken und Expressstrecken für physischen Transport. Der ganze Komplex wirkt integriert wie eine unserer Megacitys, mit Reisezeiten von wenigen Stunden über interstellare Distanzen und fast ohne Zeitverlust innerhalb von Sonnensystemen. Der Techlevel ist deutlich höher, sowohl in den physischen Technologien als auch informationstechnisch. Mansalu liegt auf der Kardashev-Skala über 1,7. Energie und Ressourcen sind quasi unbeschränkt verfügbar. Die Zivilisation ist im Wesentlichen eine sogenannte mangelfreie (post-scarcity) Gesellschaft. Mansalu hat kein Reich oder Imperium, nur eine wenige hundert Lichtjahre großen Region in der die Nähe zu einer solchen Hyperzivilisation auf andere Völker friedensfördernd wirkt.

Später gibt es viele Expeditionen und Forschungsaufenthalte von Menschen. Auch wohlhabende Touristen besuchen Mansalu. Aber selbst mit den modernsten Triebwerken dauert die Reise 6 Monate. Das ist kein Reiseziel für den Massentourismus. Wissenschaftler dürfen die überwältigende Informationsfülle des öffentlichen Netzes (Manet, Bezeichnung geprägt durch die erste Expedition) studieren. Sie stellen Fragen und ein Avatar von Manet antwortet. Für Menschen des Solsystems nimmt das Avatar – wenig subtil – die Gestalt des französischen Malers Édouard Manet an. Interessiert sich eine Historikerin für einen bestimmten Zeitraum, dann stellt Manet eine Dokumentation gewünschter Länge zusammen. Alles über die 20.000-jährige Geschichte Kisors in 3 Minuten? Kein Problem. Die Dokumentationen werden automatisch erzeugt und in Geschwindigkeit, Informationsgehalt und Präsentationsart an das Publikum angepasst. Die Mansalu haben eine offene Informationspolitik. Trotzdem erfährt man immer nur ein bisschen mehr, als man schon weiß. Das ist auch bei Technologie so. Antworten werden immer auf den nächsten Entwicklungsschritt beschränkt. Sie gehen nur so weit, wie man mit einigem Forschungsaufwand selbst gekommen wäre. So verhindert Manet, dass die Entwicklung anderer Völker gestört wird.

Es gibt phantastische Bauwerke in Sonnensystemen, im Leerraum, in Simulationen, als Kunst und als physisch nutzbare Einrichtung. Charakteristisch für Mansalu ist die Dynamik. Alles ist ständig im Wandel, im Kleinen wie im Großen. Nicht nur Cave-Fog, Nanokomplexe und Feldschirme wie bei uns, sondern alle Strukturen können sich verwandeln, bis hin zu riesigen Habitaten. Das spricht für eine wesentlich weiter entwickelte Nanotechnologie. Viele Mansalu leben in traditionellen Orbitalen, aber ein großer Teil auch in Habitaten aus Formfeldern, anscheinend eine Kombination von Nanitenmatrix und Feldschirmen. Während wir immer noch Strukturelemente massiv aus Meta-Legierungen und nanostrukturierten Materialien bauen, ist bei Mansalu fast alles aus einer dynamischem Nanomatrix und oder gleich aus Formfeldern.

Und das alles soll jetzt plötzlich vorbei sein. Die Nachricht gibt leider keine Details. Wer kann man so ein gigantisches Gebilde zerstören? Wurde Mansalu von innen heraus zerstört, vielleicht durch eine biologische Seuche, eine Nanoplage, einen Infovirus. Oder doch erobert? Aber wer ist mächtiger als eine Kardashev 1,7 Zivilisation? Man nimmt allgemein an, dass es noch weiterentwickelte Zivilisationen gibt. Zum Beispiel die Contour, die einst Cobol besuchten. Oder die unbekannten Retter der Bevölkerung von Begun. Sogenannte Elder-Zivilisationen, noch ältere, vielleicht weisere, jedenfalls weiterentwickelte Wesen und ihre unbegreiflichen Mittel. Solche Zivilisationen treten sehr selten in Erscheinung. Sie scheinen sich nicht einzumischen. Man fragt sich warum sie sich gegen Mansalu wenden sollten. Aber man weiß einfach zu wenig. 2.500 Lichtjahre sind eben weit.

Einige Expeditionen machen sich auf den Weg um herauszufinden, was wirklich passiert ist. Alle werden abgewiesen. Bei Annäherung an die Sonnensysteme des Komplexes destabilisieren die Konverter der Raumkrümmer. Der Lévy-Effekt bricht zusammen. Die Verschiebung der Raumzeit-Blase ist nicht möglich. Bei denen, die es doch versuchen, erscheinen Nanokomplexe. Sie diffundieren durch die Schiffshüllen, manifestieren sich im Inneren und kommunizieren unmissverständlich, dass der Mansalu-Komplex gesperrt ist.

So bleibt das einige Jahrzehnte.

#Nachricht #Superzivilisation #Rätsel

http://jmp1.de/h3291

3245 Sterge-Blockade

Sterge-Resolution: Reshumanis ändert unilateral den Status von Sterge. Der Sterge-Cluster wird als zur inneren Sphäre zugehörig erklärt. Damit fällt er in den Einflussbereich der Reshumanis.

Reshumanis beansprucht die Hoheit über Außenpolitik und Verteidigung der inneren Sphäre. Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage. Aber in den vorangegangenen 30 Jahren hat sich bei den Reshumanis-Mitgliedern der inneren Sphäre der Anspruch verfestigt, dass Außenpolitik und Verteidigung der Reshumanis zufallen, damit Reshumanis die Menschheit vor dem Barbarensturm und der Chinti-Expansion beschützen kann. Dieser Anspruch ist in der inneren Sphäre unbestritten.

Mit der Blockade des Sterge-Clusters versucht Reshumanis Druck auf die Rama-Domäne auszuüben. Offiziell nimmt Reshumanis ihr Recht zur Verteidigung des Clusters war. Das unausgesprochene Ziel ist, bei einem Kompromiss Zugriff auf den Schiffsfriedhof von Duma zu erlangen. Aber die Rama-Domäne bleibt hart.

Die Lage am Sterge-Cluster eskaliert. Dort operieren erst Flottillen beider Mächte. Dann werden die Flottillen zu Einsatzgruppen verstärkt. Wenig später führen beide Seiten größere Flottenmanöver durch. Beide Manöverräume schließen Sterge ein. Es kommt zu einzelnen Zwischenfällen mit zivilen Einheiten.

Rama beharrt auf der Zugehörigkeit von Sterge zur Rama-Domäne. Reshumanis verteidigt ihre Zuständigkeit für die innere Sphäre. Dabei ist der Begriff der inneren Sphäre nicht klar definiert. Ursprünglich waren damit nur wenige Systeme in relativer Nähe zu Sol gemeint. Im ersten Kisor-Krieg bezeichnete er die Systeme, die vom Krieg betroffen waren. Der Bereich war damals asymmetrisch Richtung Kisor verschoben, so dass auf der Kisor-abgewandten Seite des Solsystems die innere Sphäre bei 150 Lichtjahren endete, während er auf Kisors Seite bis zu 400 Lichtjahre reichte. Die Zuständigkeit ist auch deshalb unklar, weil Reshumanis den Anspruch in den vorangegangenen Jahrzehnten einseitig auf weitere Systeme ausgeweitet hatte.

Rama bleibt unbeugsam. Es gibt Schusswechsel mit Kriegsmunition zwischen gegnerischen Militäreinheiten deren Aufträge bei Manövern kollidieren. Ein Konflikt zwischen den gegnerischen Flotten, die um Sterge versammelt sind, steht unmittelbar bevor.

Ein überraschender Reshumanis-Aufmarsch bei der Sonne Duma in der Nähe Ramas führt dazu, dass starke Kräfte der Rama-Domäne nach Duma abgezogen werden und Sterge entblößen. Dann weisen Geheimdienstinformationen darauf hin, dass die Reshumanis-Aktivitäten bei Duma als Ablenkung gedacht sind, um den Großteil der Rama-Kräfte von Sterge abzuziehen. Eine andere Reshumanis-Flotte ist auf dem Weg nach Sterge. In aller Eile mobilisiert Rama eine Einsatzgruppe der Heimatverteidigung, um die Sterge zu verstärken. Die Einsatzgruppe trifft vor der Reshumanis-Flotte bei Sterge ein. Weitere Rama-Verbände sind auf dem Weg von Duma. Sie kommen aber möglicherweise zu spät, um eine Besetzung des Sterge-Systems zu verhindern.

Beide Parteien beobachten die Bewegungen der anderen genau. Dazu hat die Reshumanis-Flotte vor ihrem Abzug Überwachungsnetze installiert und Rama die Systemüberwachung von Sterge wesentlich verstärkt. Dank der ungewöhnlich hohen Sensorkapazität werden in kurzer Zeit drei Chinti-Aufklärer entdeckt. Einer wird zerstört, zwei können fliehen. Die Chinti hatten anscheinend die Lage bei Sterge beobachtet. Das sieht wie eine Aufklärungsmission vor einem großen Angriff aus. Die Sensordaten zeigen auch, dass mindestens einer der Aufklärer Sterge schon seit zwei Wochen beobachtet. Er muss den Abzug der beiden Flotten beobachtet haben. Aus Sicht der Chinti ist die Situation vermutlich eine gute Gelegenheit, Sterge überraschend zu treffen, weil die Kräfte der Menschen anderswo gebunden sind.

Kurz darauf erreicht die Reshumanis-Flotte Sterge. Die KIs der Sensorknoten informieren die eintreffenden Schiffe über die Lage. Die Reshumanis-Flotte nimmt eine Angriffsformation ein. Das Reshumanis-Kommando versucht, die einzige Rama-Einsatzgruppe durch ihre Übermacht zur Aufgabe zu zwingen. Während die Träger mit der Gefechtsvorbereitung beginnen, kommt die Nachricht des Rama-Kommandos über den möglicherweise bevorstehenden Chinti-Angriff. Die Sensordaten der Reshumanis-Überwachung bestätigen die Analyse. Das Reshumanis-Kommando bricht den Angriff ab.

Die Reshumanis-Flotte nimmt zur Überraschung des Rama-Geschwaders Verteidigungspositionen im äußeren System in Richtung der Chinti-Domäne ein. Der Angriff kann zwar aus allen Richtungen kommen, aber falls die Chinti tatsächlich angreifen, dann sind sie nicht vorgewarnt, dass eine größere Flotte der Menschen im System angekommen ist. Wenn man annimmt, dass sie sich durch den Überraschungseffekt im Vorteil sehen, dann gibt es für sie keinen Grund den Angriff komplizierter zu machen als nötig und nicht den kürzesten Weg zu nehmen. Mit anderen Worten: kommt ein Angriff bald, dann ziemlich sicher aus einer bekannten Richtung. Extrapoliert man vergangene Überfälle der Chinti-Flotten auf befestigte, aber sonst unverteidigte Systeme, dann kann man Annahmen treffen über den Ablauf des Angriffs, die Verteilung von Angriffskomponenten, über die Position von Aufmarschgebieten in denen Träger ihre Langstreckenmaßnahmen einleiten und über Logistikbereiche in denen ungeschützte Begleitschiffe mit Munition und Ersatzteilen warten werden.

Trotz der Annahmen ist der mögliche Ankunftsbereich noch sehr groß. Er wird im Bereich der äußeren Gasreisen in Richtung der Chinti-Domäne vermutet. Aber das ist zehnmal so viel Raum, wie das ganze innere System. Das ist zu groß, um vollständig als Falle vorbereitet zu werden. Ein großer Teil der verfügbaren elektronischen Kriegsführung (EW: electronic warfare) wird vorausgeschickt, um auf der direkten Linie zwischen dem vermuteten Ankunftsgebiet und dem inneren System einen riesigen Habitat-Cluster mit zivilem Verkehr, Frachtterminals und einem Flottenstützpunkt zu simulieren. Das Reshumanis-Kommando will damit ein Ziel schaffen, das die Chinti nicht ignorieren können, um deren Vektor noch weiter einzugrenzen. Einige Kubik-AU vor dem simulierten Cluster werden mit Langstreckenraketen vermint.

Die Chinti-Flotte erscheint am Rand der erwarteten Zone.

Die Träger entladen ihre Langstreckenmittel, Marschflugkörper, taktische Bomber, Hochgeschwindigkeitskanonen für kinetische Munition, Simulations- und Sensordrohnen. Mehrere Einsatzgruppen von Nahkampfplattformen nehmen Kurs auf das innere System. Sie werden geschützt durch überlichtfähige Kampfeinheiten. Aufklärer übernehmen die Führung. Vor ihnen expandiert die Front der Sensornetzwerke.

Ein Drittel der Invasionsflotte weicht vom direkten Kurs ab, um den simulierten Habitat-Cluster zu anzugreifen.

Die Minen im Vorfeld des simulierten Habitat-Clusters schlagen zu.

Reshumanis-Verbände lösen sich aus ihrer Ortungsdeckung bei natürlichen Himmelskörpern im Rücken der Invasionsflotte.

Die Chinti behalten den Kurs bei.

Reshumanis-Verbände greifen die Invasoren von an. Sie sind bei etwa gleich vielen Einheiten deutlich Vorteil, weil das Verteidigungsnetzwerk der Invasionsflotte im rückwärtigen Bereich dünn ist und die Begleitschiffe sich aufteilen müssen.

Die Chinti erreichen den äußeren Verteidigungsbereich der statischen Systemverteidigung. Beide Seiten sind darauf vorbereitet. In mehrstündigen Gefechten wird das äußere Verteidigungsellipsoid von Sterge auf 0,2 Quadrat-AU neutralisiert.

Die Einsatzgruppe von Rama verlässt den Orbit des fünften Planeten und nimmt Kurs auf die Invasionsflotte.

Die Chinti behalten den Kurs bei.

Mehrere leichte Kreuzergeschwader greifen die Logistikvolumina der Invasoren an. Die Versorgungseinheiten sind nur leicht geschützt. Minenfelder fordern unerwartet hohe Verluste unter den leichten Kreuzern. Trotzdem können die Reshumanis-Einheiten einen Großteil der Chinti-Frachter zerstören.

Die Chinti behalten den Kurs bei.

Eine zweite Chinti-Flotte erscheint hinter den Reshumanis-Verbänden, die die erste Invasionsflotte verfolgen, direkt an der neuen Strukturlücke im äußeren Verteidigungsellipsoid. Es ist ein riskanter Hochgeschwindigkeitsanflug bis weit in das mittlere System. Eine große Zahl von Konverterexplosionen, wo Chinti-Schiffe auf Tiefraumsperren trafen, markiert den Weg. Trotz hoher Verluste bleibt eine beeindruckende Flottenstärke, die noch voll munitioniert ist und jetzt hinter den Reshumanis-Verbänden zum Angriff übergeht.

Reshumanis-Verbänden müssen ihre Angriffe auf die erste Flotte abbrechen, um sich zu verteidigen. Die Orientierung auf den neuen Gegner ist verlustreich.

Im mittleren System behält die erste Chinti-Flotte den Kurs bei. Sie stößt auf die Rama-Kampfgruppe, die von der statischen Systemverteidigung unterstützt wird.

Nach 12 Stunden zeichnet sich ab,

- dass die dezimierte erste Chinti-Flotte in den Gefechten aufgerieben wird,

- dass die Trägergruppe von Rama dabei hohe Verluste erleidet,

- dass der Reshumanis-Flotte die Munition ausgehen wird bevor sie die zweite Chinti-Flotte signifikant reduzieren kann,

- dass das innere Verteidigungsellipsoid nach der Belastung durch die erste Chinti-Flotte der zweiten Flotte nicht standhalten wird.

Mehrere große Kampfverbände von Rama erreichen das Sterge System mit dem Auftrag, das System vor Reshumanis zu schützen, falls dies noch möglich ist oder es zurückzuerobern, wenn nötig. Da die Alarmvektoren der Tiefraumsperren bekannt sind, können sie schnell den Bereich der äußeren Verteidigung erreichen. Die Flotte ist um Tau-Achtel radial versetzt. Deshalb dauert der Flug bis zum Kampfgebiet, bei den maximal möglichen Geschwindigkeiten im mittleren System, mehrere Stunden.

Die Reshumanis-Flotte hat keine Munition mehr und zerstreut sich in der Hoffnung, dass die Chinti die fast wehrlosen Einheiten einzeln verfolgen und dabei tiefer in die Systemverteidigung geraten.

Die zweite Chinti-Flotte hält den Kurs und schließt zu den Resten der ersten Flotte auf.

Die neuen Verbände von Rama greifen die vereinigte Chinti-Flotte an.

Die Gefechte dauern einen Tag. Kräftemäßig liegen Angreifer und Verteidiger anfangs gleichauf. Aber die Verteidiger sind jetzt im Vorteil. Sie können jederzeit neu munitionieren bei Versorgungsschiffen und Stützpunkten im inneren System und sie haben die statische Systemverteidigung auf ihrer Seite. Sie nutzen die zivile Objektüberwachung und können höhere Geschwindigkeiten erreichen. Die mobilen Kampfeinheiten der Verteidiger verbringen weniger Zeit im Flug zwischen Schauplätzen und sind damit effektiver als die Angreifer.

Chinti können sich nicht ergeben. In ihrer Biologie werden Individuen durch Markierer auf genetischer Ebene überzeugt zum Gegner überzutreten. In einer Auseinandersetzung unter Chinti werden sie dann vollwertige Mitglieder der ehemaligen Gegner. Aber in diesem Kampf gibt es keine Gen-Markierer. Sie kämpfen bis die Munition ausgeht. Dann versuchen sie zu fliehen. Ohne eigene Abwehrmittel müssen sie die Verteidigungsellipsoide nach außen durchdringen.

Nur wenige entkommen. Zwei große Chinti-Flotten sind vernichtet. Bei schmerzhaften, aber viel geringeren militärischen Verlusten der Menschen.

Im Verlauf der Kämpfe versuchten Chinti, mit einigem Erfolg, Verteidigungskräfte durch Angriffe auf zivile Ziele zu binden. Manche Angriffe kommen durch. Es gibt 80 Millionen zivile Verluste (10 Millionen final). Es hätten auch 2 Milliarden sein können – final.

Die erste Schlacht von Sterge geht als großer Sieg in die Geschichte ein.

#Krieg #Aliens

http://jmp1.de/h3245